Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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haben zu können, ist wahrlich geeignet, in den weitesten Kreisen vorbildlich 
zu wirken und zu sinngemäßer Nacheiferung in allen monarchischen Ländern 
— in allen Ländern mit großen Erinnerungen — aufzufordern. 
Zum vierten führen uns die Bilder des Fürstenzuges in das Trachten- 
wesen der jeweiligen Zeitperioden ein. Sehr erfreulicherweise und wie es 
von einem wirklich durchdachten historischen Denkmale nicht anders zu er- 
warten steht, sind nämlich alle Figuren mit ihren Details streng im Charakter 
ihrer Zeit gehalten, so daß — wenn auch des verfügbar gewesenen Raumes 
wegen in verhältnismäßig beschränktem Maße — ein gut Teil Kostümkunde 
von jenem Wandgemälde abgelesen werden kann. · 
Endlich hat auch die Heraldik einen Platz erhalten; da die Wappen 
der einzelnen Grafschaften und Gebietsteile, aus denen das Gesamt-Fürstentum 
der Wettiner sich zusammensetzt und teilweise noch besteht, ebensowohl wie 
die Wappen der adeligen Lehensleute und Vasallen, zur Blasonierung auf— 
fordern und gekannt sein wollen. 
Das Betrachten der auf dem Sgraffito-Fries zur Erscheinung gelangenden 
Haupt- und Nebenfiguren sowie ihren Beiwerkes — eine richtige und wirk— 
same Unterstützung des leiblichen Auges, welches Greifbares sieht, durch 
das geistige Auge, dem sich die Geschichte jener Gestalten offenbart — 
dient ebensowohl dem Patriotismus und dem Kunstsinn, wie dem historischen 
Gefühle überhaupt, zur Stärkung und Unterstützung. Dieser Gedanke möge 
aufgegriffen sein und festgehalten werden; er übernehme die Rolle des 
„roten Fadens“. 
Er möge zur Stärkung der Vaterlandsliebe das Seinige beitragen; in 
einer Zeit, wo gewissenlose Hetzer dieses schöne Gefühl aus den Herzen 
ihrer Landsleute heraus zu reißen bestrebt sind und Gleichgültigkeit gegen 
die Geschichte der Väter, vereint mit allgemeiner Unzufriedenheit und Gott- 
entfremdung, als Zersetzungsmittel benutzen wollen. Demgegenüber kann 
nicht genug die Wichtigkeit der Schulung historischen Sinnes betont werden, 
der mit der Liebe zur engeren wie zur weiteren und zum „Volke der 
Heimat“" erweiterten Familie auf engste verbunden ist. Dem Volke muß 
nicht nur die Religion im engeren Sinne erhalten werden, sondern auch 
alles was aus Wahrung derselben an geistigen Gütern, ihren Segen in sich 
tragend, hervorgeht; insbesondere also auch Vaterlandsliebe und Königstreue. 
Von diesem grundlegenden Gedanken beseelt, legt der Verfasser in ehrlicher 
Absicht seinen Volksgenossen die vorliegende Schrift ans Herz, welche aus 
der Beschäftigung mit eben diesem Gedanken entstanden ist. Tief beschämender- 
weise — aber freilich nicht ohne Unrecht — konnte der, jetzt an der Spitze 
der Kommission für sächsische Geschichte stehende Geheime Archivrat Ermisch 
(im Januar 1901) aussprechen, daß es ihm, als er vor 25 Jahren von 
Preußen nach Sachsen übersiedelte, aufgefallen sei, in wie verhältnismäßig 
geringem Grade hier der Sinn für die Geschichte des eigenen Landes und 
Volkes entwickelt sei. Erfreulich ist es, daß im allgemeinen das Interesse 
an der eigenen Vergangenheit gewachsen ist, mit der die Gegenwart durch
	        
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