Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

— 145 — 
nover, teils zur Unterstützung der armen Einwohner, deren Elend durch die 
allgemeine Mißernte des Jahres 1771 ein geradezu namenloses geworden 
war. Hervorgegangen wiederum war diese Mißernte, welche Hungersnot 
und Krankheit in unmittelbarem Gefolge brachte, durch den voraufgegangenen 
furchtbaren Winter und die auf denselben folgenden, das Land verheerenden, 
überschwemmungen. Der Tod hatte infolge aller dieser traurigen Erschei— 
nungen derartig zahlreiche Opfer gefordert, daß die Einwohnerzahl von 
Sachsen um viele Tausende verringert war. Also Not und Elend wo man 
nur hin sah. Da kamen jene Gelder und deren hochherzige Verwendung 
wie gerufen. Den Rest der Summe benutzte Friedrich August zur Errichtung 
einer Sekundogenitur, das heißt der Zuweisung eines bestimmten Vermögens 
an den jeweilig zweitgeborenen Sohn des Landesherrn und dessen Linie. 
Auch diese letztgenannte Maßregel kommt indirekt dem Lande zu gute, weil der 
Staat für diese jüngere Linie des Fürstenhauses nichts weiter zu leisten 
braucht, so lange nicht die Anteile ihrer einzelnen Glieder auf ein bestimmtes 
Minimum herabgesunken sind. (Gretschel 212.) Die Annäherung Sachsens 
an Preußen und das freundschaftliche Verhältnis Friedrich Augusts zu 
Friedrich II. zeigte aber besonders nach dem 1780 erfolgten Tode der 
Kaiserin Maria Theresia ihre Vorteile. Nun nämlich hatte deren Sohn 
Joseph II. gänzlich freie Hand zur Verfolgung seiner oft gar zu stürmischen 
Pläne. Und soweit dieselben über den Rahmen seiner innerösterreichischen 
Wirksamkeit hinausgingen, auf die aggressive habsburgische Hauspolitik sich 
erstreckend, bargen sie vielfach ernste Gefahren für Deutschland in sich. Es 
war gut, daß dem gegenüber Friedrich II. als Wächter dastand. Nachdem 
derselbe genügende Eroberungen gemacht und seinen Kriegsruhm allenthalben 
befestigt hatte (so daß ihm nun um Ruhe und Ordnung in erster Linie zu 
tun war), konnte dieser König mit dem Wahlspruche Suum cuique, dem 
das bestgeschulte Heer Europas zur Verfügung stand, füglich am besten 
geeignet sein, als bewaffneter Aufpasser gegen etwaige Friedensstörungen 
aufzutreten. „In der Jugend“, sagt ein Geschichtsschreiber von ihm, „errang 
er Lorbeeren und verscherzte sich seine Freunde. Im Alter verzichtete er 
auf erstere und gewann letztere.“ Er war ein Gegengewicht gegen manche 
undeutschen Pläne Österreichs. Und diese Erwägung war der unausgesprochene 
innere Beweggrund des von Friedrich II. 1785, ein Jahr vor seinem Tode, 
ins Leben gerufenen Deutschen Fürstenbundes. So groß war aber das 
Ansehen Friedrich Augusts von Sachsen, daß es die gesamte Mitwelt be- 
ruhigte, dessen Namen unter der Bundesurkunde zu sehen, da er allen die 
Gewähr gab, daß nichts Unredliches im Werke sei. (Böttiger III. 416.) 
Eine nicht unbedeutende Versuchung trat an diesen sächsischen Kurfürsten, 
der übrigens zu zwei verschiedenen Malen das Amt eines Reichsvikars ver- 
waltete, 1791 in dem freiwilligen polnischen Antrage heran, die Königskrone 
von Polen, und zwar erblich, zu übernehmen. 10) 
107) Fürst Czartoryski und Graf Malachowski waren die vom polnischen Reichstage 
abgesandten überbringer jenes Antrages. Ein Thron, um welchen sich seit hundert Jahren 
10
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.