Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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18. Oktober, in deren Verlaufe man in der Stadt die Schleusen öffnen 
mußte, um nur das Blut — das Menschenblut! — abfließen zu lassen, gab 
die Entscheidung für seine Niederlage. 
König Friedrich August hätte vielleicht (aber durchaus nicht wahr- 
scheinlich) noch Milderung für sein und seines Volkes Los erreichen können, 
wenn er noch im letzten Momente vor Napoleons Abzug in der Mitte 
seiner Soldaten, die dies sehnlichst erhofften, zu den Verbündeten über- 
gegangen wäre. 110) Dann hätte auch der Übertritt desjenigen Teiles seiner 
Armee die Weihe der Legitimität erhalten, welcher diesen Schritt instinktiv 
(aber, wie schon erwähnt worden) ohne des Königs Einwilligung getan 
hatte. Das Urteil vieler geht dahin, Friedrich August hätte sich gar nicht 
nach Leipzig begeben dürfen. Er ward nun der Gefangene der Ver- 
bündeten und als solcher von einem Detachement Kosaken eskortiert, erst 
nach Berlin, dann nach Friedrichsfelde gebracht. (Später durfte er sich nach 
Preßburg begeben.) Seine Gemahlin die Königin, Prinzeß Auguste, Minister 
Graf Einsiedel und General von Zeschau begleiteten den greisen Monarchen. 
Sachsen war der allgemeinen Zerrüttung nahe und schien vernichtet. 
Das eine Jahr 1813 kostete dem armen Lande 67 Millionen Taler. Das 
häßlich-grausame Wort von Napoleons Kriegsintendanten Graf Darus, 
welches derselbe einst den um Milderung bittenden Pommern entgegen- 
schleuderte, hat seine Wahrheit behauptet: „Vous n'avez pas d’idee, 
Combien un peuple peut souffrir.“ Sachsen wurde unter das Gouverne- 
ment des russischen Fürsten Repnin gestellt und den Einwohnern ward er- 
klärt, der künftige Landesherr werde der König von Preußen sein. Die 
Kirchengebete für Friedrich August und sein Haus wurden verboten. Ob 
die Entscheidung des Wiener Kongresses, daß der größere Teil des König- 
reichs Sachsen (368 Quadratmeilen) an Preußen fallen solle, während nur 
ein Rest von 271 Quadratmeilen dem Könige verblieb, Warschau aber unter 
Preußen und Rußland geteilt werde, ein historisches Unrecht genannt werden 
könne, steht eines jeden Beurteilung frei. Vergebens hatte der Kabinetts- 
minister Graf Einsiedel in einer Note dargelegt, daß Sachsen nicht als er- 
obertes Land betrachtet werden dürfe, da der König nicht selbständig krieg- 
führend, vielmehr nur als Bundesgenosse ohne Freiheit gehandelt habe. 
Nach Unterzeichnung des Wiener Friedens zu Laxenburg, am 21. Mai 1815, 
kehrte der schwergeprüfte Fürst am 7. Juni desselben Jahres in sein Land 
zurück, wo seine Untertanen mit Tränen tiefster Wehmut und aufrichtigster 
Freude zugleich ihm einen ungemein herzlichen Empfang bereiteten. In 
Anbetracht der Umstände gestaltete sich derselbe zu einer außergewöhnlich 
110) Als Napoleon in der Frühe des 19. Oktober dem König den Vorschlag machte, 
ihn nach Weißenfels zu begleiten und von dort aus Unterhandlungen mit den Alliierten 
anzuknüpfen, entgegnete Friedrich August, er wolle bei seinen Truppen und bei seinem 
Volke bleiben und sich der Großmut und der Gerechtigkeit der Sieger anvertrauen. Hierauf 
erklärte Napoleon den König aller Verbindlichkeiten gegen ihn für entbunden und ritt ab, 
die Elsterbrücke hinter sich sprengen lassend.
	        
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