Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Schließlich nahm die vielgeprüfte Kopfbedeckung die dreispitzige Form an 
und statt der Plümage ward sie mit Tressen und Borden besetzt. 
Es wäre unverzeihlich, wenn nicht im Anschluß an den Zopf, diesen 
zum Sinnbilde starrer Pedanterie gewordenen Wahrzeichen einer ganzen 
Zeitepoche, die Gamaschen erwähnt würden, die im Volksmunde als 
Zwillingsgeschwister des reglementsmäßigen Soldatendrilles gelten. 
„Gamaschendienst, Gamaschengeist, Gamaschenheld“ sind Bezeichnungen, 
die sich mit dem heutigen Ausdrucke „Kommiß“ vollständig decken. Sie 
stigmatisieren eine Art oder vielmehr Unart des militärischen Wesens, die 
bei untersubalterner Auffassung gegebener Bestimmungen und beschränkter 
Buchstabenknechtschaft der Auslegung von Vorschriften oft zwecklos bis aufs 
Blut peinigen. Derartige mißverstandene Auffassungen sind es, die dann 
bisweilen Ausübungen verlangen, welche zwar an sich und in wohlverstandenem 
Maßhalten der Disziplin, der Ausbildung und der Schlagfertigkeit der 
Armeen zum allergrößten Segen gereichen, in ihrer Unnatur aber recht häufig 
das gerade Gegenteil bewirken. 
Mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges, bei dessen Friedensver— 
handlungen alle Beteiligten, Diplomaten, Gelehrte und allerhand Leute, die 
niemals ein Pferd zu besteigen Veranlassung gehabt hatten, der Mode zu 
Liebe gestiefelt und gespornt erschienen waren, kam der wehrhafte Stiefel 
nach und nach ab. Je mehr sich friedliche Regungen wieder bemerkbar 
machten, um so mehr gelangten Schuh und Strumpf zu erneutem Ansehen. 
Schnallenschuhe und Eskarpins, Seidenstrümpfe und kurze Sammethöslein 
erreichten an der Grenzscheide des 17. und 18. Jahrhunderts, unterstützt 
von den Höfen und deren gezierter Manieriertheit, den Höhepunkt ihres 
Daseins. Auch muß unumwunden zugestanden werden, daß durch die hier- 
durch erreichte Gliederung, die Bekleidung der Beine — sofern dieselben 
selbst weder nach X& noch nach O abweichen — einen eleganten, künstlerisch 
wohltuenden Anblick gewährte. Von dem heute beliebten, bis zum Exzeß 
unschönen Röhrensystem der ganzen Kleidung sticht jene auf das vorteil- 
hafteste ab. Bei den Armeen war der Stiefel wieder in den alleinigen 
Besitz der Reiterregimenter zurückgegangen, während die Fußtruppen gleich 
der übrigen Menschheit mit Schuhen und Strümpfen angetan waren. Die 
Friedfertigkeit dieser zu Salonstücken gewordenen Gegenstände ließ aber 
seiner nicht spotten und schickte sich an, das Schlimmste zu begehen, was 
es gibt — Gehorsamsverweigerung vor dem Feinde. Es wiederholte sich 
eine Erscheinung, die schon vor Jahrhunderten einmal sich bemerkbar gemacht 
hatte. Denn sowie der Grenadier oder irgend einer seiner Kameraden 
aus dem Bereiche seines Schilderhauses heraustreten mußte und auf Märschen 
den Einflüssen der Witterung sowie der oft äußerst ungünstigen Boden- 
verhältnisse sich ausgesetzt sah, ergab es sich zur Evidenz, daß sotane Art 
von Unterzeug für ernstere Unternehmungen weit mehr ein Hinderungs- 
als ein Schutzmittel war. Es wurde daher — in etwas an die Lands- 
knechtszeit erinnernd — teils von Leder, teils von Tuch oder fester Lein-
	        
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