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wand ein abnehmbarer Überzug hergestellt, der über Schuh und Unterbein
geknöpft, das Eindringen von Fremdkörpern sowie andere Unzuträglichkeiten
verhinderte.
Auf dem Sgraffitogemälde werden Gamaschen von dem Grenadier
getragen, dessen hohe (der noch höheren preußischen nachgebildete) Blechmütze
zweierlei Zwecken diente. Erstens erhöhte sie den Eindruck der Größe des
Mannes („langer Kerl“ genannt), und welcher Wert, insbesondere vom preu-
ßhischen Könige, auf solche Erscheinungen gelegt wurde, ist bekannt genug.
Sodann war die Form dieser Blechhaube oder Grenadiermütze (im Gegensatz
zu dem in der Breite ausladenden Hute) der Armbewegung beim Werfen
der Handgranaten nicht hinderlich. In Sachsen wurden diese Grenaden-
werfer oder Grenadiere, welche bis dahin zwischen den mit Musketen Be-
waffneten oder Musketieren vermischt gestanden hatten, im Jahre 1722
zu eigenen Kompagnien formiert, die im Bedarfsfalle zu Grenadierbataillonen
zusammengefaßt werden konnten. Das heraldische Abzeichen eines schwarzen
Adlerfluges, auf dem Rockärmel angebracht, kennzeichnet den hier zur Dar-
stellung gelangten Grenadier als einen Herrn von Kyaw. Hier möchte
eine Bemerkung eingeschaltet werden, die hinfort beim Betrachten des
Fürstenzuges Berücksichtigung finden muß. Mit dem Erlöschen der per-
sonellen, dem Individuum freigestellten Tracht des Mittelalters und dem
Umsichgreifen eines uniformen Schablonen = Kostüms, beziehentlich einer
dienstlich vorgeschriebenen Armeekleidung, wird das äußerliche Anbringen
von Geschlechtswappen immer seltener und schließlich zur Unmöglichkeit.
Es wächst daher auch für den darstellenden Maler die Schwierigkeit, diese
Familienabzeichen, die sich gewissermaßen auf den Siegelring des Trägers
gerettet haben, an geeigneten Stellen erscheinen zu lassen. Daß die
Familie von Kyaw — eines der ältesten und angesehensten Geschlechter
der Lausitz, von welchem Friedrich und Peter 1396 lebten, Friedersdorf,
Gießmannsdorf und Lohsa innehabend — gerade an dieser Stelle, un-
mittelbar hinter August dem Starken ihren Platz gefunden hat, ist sehr
geschickt gewählt. Denn die lustigen Einfälle und schnurrigen Erzählungen
des Generals von Kyaw, der unter diesem Kurfürsten beinahe zwanzig
Jahre lang Kommandant der Felsenfestung Königstein war, haben seinem
fürstlichen Herrn und dessen Umgebung allzu große Erheiterungen gebracht,
als daß dies in Vergessenheit geraten dürfte. Ja, der allezeit schlagfertige,
oftmals scharfe Witz und der niemals versiegende, vielfach mit ernsthaften
Ratschlägen politischer Natur verbundene Humor dieses Kavaliers haben
denselben im Volksmunde sogar als eine Art Hofnarr fortleben lassen,
was er — der kurfürstliche Generalleutnant — selbstverständlich nicht
gewesen ist.
Die vielfach ineinander verschmelzende Krieger= und Hofmanns-, Feld-
und Salon-Tracht altfranzösischen Stils ging immer mehr in die vom
preußischen Militarismus beeinflußte Gewandung über, auf welcher im all-
gemeinen die gesamte Art unserer heutigen Kleidung basiert. Bevor von