Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

— 162 — 
ist, so haben doch von jeher die Trachten, als zuerst sichtbare Äußerungen 
der Art, in welcher die verschiedenen Völkerschaften in die Erscheinung ge- 
treten sind und auf der Bühne der Weltgeschichte operierten, ihre sympto- 
matische Geltung gehabt. Ludwig XIV. war ein eben solcher König des 
Hofes, der Intrigue, der Uppigkeit und Pracht, wie ein solcher der Staats- 
kunst, der weitgehendsten und weitausschauendsten Pläne, der Eroberungen 
des Feldlagers und der Armee. Ludwig XIV. ist es vor allem, durch 
den der bis dahin noch immer recht willkürlichen Tracht der zu regulären 
Soldaten gewordenen Krieger der Kleidung innerhalb der Armeen — der 
Uniform — ein bestimmtes Gepräge gegeben worden ist. Dann aber, rück- 
wirkend, war er es auch, der diese Kriegertracht hoffähig machte. 
In sämtlichen europäischen Ländern (mit alleiniger Ausnahme Spaniens) 
hatte sich, trotz allen Wirbelns und Drehens verschiedenartigster Sitten, 
Gebräuche und Kleidungen, doch auf dem tiefsten Grunde, gewissermaßen 
der Volksseele — bei den ehrlichen Landleuten in deren, vom großen Ver- 
kehr weit abgelegenen Dörfern und Tälern — ein, auch im Außeren zur 
Geltung kommendes „Festhalten am alten“ bewährt. So hatte sich die 
Schaube, das allgemeine Ehrenkleid des späteren Mittelalters, von den 
Kemenaten und Ratsherrenstuben aufs Land gerettet und wurde hier fort 
und fort weiter getragen. Natürlich ging das nicht ohne kleine Anderungen 
da oder dort, welche durch Lebensgewohnheiten oder Nützlichkeitsrücksichten 
eingeführt wurden. Jedenfalls aber, und das ist die Hauptsache, wurde 
aus der Schaube der lange Bauernrock, das Staats= und Kirchenkleid des 
Landmannes, das Hauptstück von dessen Festtagsschmuck. 
Als die großen fortwährenden Kriege ein immer größeres Menschen- 
material absorbierten und immer weiterer Ergänzungen desselben bedurften 
— so daß schließlich die Werbetrommel am Ende ihrer Weisheit ankam, 
weil keine kriegslustigen Leute in genügender Menge mehr vorhanden 
waren —, da griff man, ausgerüstet mit neuen Gesetzesparagraphen, welche 
die Einstellung genügenden Menschenmaterials in die Reihen der königlichen 
Regimenter verfügte, auch auf die Söhne der ansässigen wohlhabenden 
Landleute. Diese aber traten — eine ungleich wertvollere, bessere und 
sozial angesehenere Art von Rekruten als die bisherigen Wildfänge der 
Landstraßen — in ihren Sonntagsröcken vor die gestrengen maires und 
die autokratischen Herren Kommissare des noch autokratischeren Königs, 
welche ihrerseits hoch erfreut waren, einen quantitativ wie gqualitativ so 
guten Fischzug gehalten zu haben. Die Bekleidungsart dieser gern gesehenen 
Rekruten — welche zwar Ordre parieren mußten, denen man aber gern 
etwas Gutes antat und denen man vor allen Dingen (der Not gehorchend, 
nicht dem eignen Triebe) bemüht war, das Heimweh im Keime zu ersticken —, 
der „Bauernrock“, gab nun die Grundlage zur weiteren Uniformierung. 
Man dekorierte denselben mit blanken Knöpfen von Metall und goldenen 
wie silbernen Tressen; auch wurden verschiedenfarbige, die Truppenteile 
unterscheidende Abzeichen an ihm angebracht, der in seinen Grundfarben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.