Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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reicherung der Regimentsunterscheidungen. Bald gewann man Freude an 
dem neuen Kleidungsstück, dessen Hinterenden man schließlich gleich von 
Hause aus vorschriftsmäßig umgebogen anfertigte. — Es entstand der Frack. 
Und obgleich dies nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, wurde der— 
selbe doch der Gleichmäßigkeit wegen auch beim Fußvolke eingeführt. 
Diese rein dem Militarismus entsprungene Tracht mit ihrem schwalben— 
schwanzartigen Ansatz fand — durch zwei Faktoren unterstützt — überall, 
schließlich auch in nichtmilitärischen Kreisen Verbreitung. Ja, dieses zum 
Unkraut gewordene Gewächs, der Frack in seiner monotonen schwarzen 
Farbe, beherrscht — seitdem sein farbiger Bruder im Prinzip von den 
Armeen fallen gelassen worden ist — alles, was mit dem modernen Namen 
„Civil“ in irgendwelcher Verbindung steht: Standesbeamten und Bräutigam, 
Kandidaten und Professor, Oberkellner wie Volksredner, Minister wie 
Jubilar, Gast wie Gastgeber, Trauernde und Fröhliche. 
Ebenso wie die Siege Friedrichs II. von Preußen und der Kriegsruhm 
dieses Königs die Runde durch Europa machten, ebenso fand das an sich 
zwar recht lächerliche und an das „Räuspern und Spucken“ des Jägers 
in Wallensteins Lager erinnernde, aber in ähnlicher Weise auch später gar 
oft wiederkehrende Bestreben Widerhall, die Uniform dieser siegreichen Armee 
anzunehmen. (Man denke nur an die roten Hosen von Solferino.)1½2) 
Sodann aber fiel die Tatsache schwer in die Wagschale, daß der 
Preußenkönig, so sehr er sonst im Voltaireschen Esprit französischem Wesen 
huldigte — nicht allein als erster Diener seines Staates, sondern besonders 
auch als erster Soldat seiner Armee sich fühlend — bei allen Gelegen- 
heiten, ebenso zu rein politischen Staatsaktionen wie im privaten bürger- 
lichen Verkehr denselben Generalsrock anlegte, den er zu einer Revue seiner 
Truppen anzog. Paradefeld und champ de bataille gingen ihm über den 
Thronsaal; die Geheimen Räte sollten einschwenken wie die Flügelleute. 
Der Uniform der Armee mußte allenthalben Ehre angetan werden. Der 
Soldat sollte und mußte „sich fühlen“ und stolz darauf sein, mit dem 
Könige einen und denselben Rock zu tragen: die Uniform der Armee.) 
  
122) Die umgelegten Schöße des Frackes wurden mit der Zeit immer spitzer und 
schmäler, so daß sie sowohl, wie die stetig kleiner werdenden Aufschläge schließlich gar nicht 
mehr an ihren Ursprung erinnerten. 
123) Schön und gefchmackvoll waren diese Typen vom Königsrock, deren Hauptgrund- 
farbe bei den Sachsen (wie bei Österreichern und Franzosen) weiß gewesen ist. Freilich 
sahen diese Uniformen gemeiniglich bei Paraden und Festlichkeiten glänzender und strahlender 
aus, als wenn sie durch die Ackerfurchen des Schlachtfeldes gezogen waren. Aber die 
zerfetzeste Fahne ist die ruhmreichste und Feldmarschall Daun wie Herzog von Württemberg 
in ihren Galaanzügen hatten Recht, als sie den sächsischen Oberstleutnant von Benkendorf 
— der mit seinen Dragonern die Schlacht bei Kolin entschieden hatte — wegen dessen 
staubigen und blutbedeckten Rock beneideten. Und allen historischen Berichten wie un- 
parteiischen Darstellungen zufolge muß speziell die sächsische Armee auch nach den größsten 
Strapazen im Felde durchgehends einen schönen, ja herrlichen Anblick gewährt haben. 
Traurig und abgehärmt mögen die Gesichter der 14 000 beklagenswerten Krieger allerdings 
gewesen sein, die, während sie den preußischen Waffen mutvoll widerstanden hatten, wegen
	        
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