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Seine unter dem Namen Philalethes (auf griechisch Wahrheitsfreund)
herausgegebene Übersetzung von Dantes Göttlicher Komödie würde allein
genügt haben, den Ruf dieses gelehrten Wettiners in der Welt zu begründen.
Und dem zu jenem Übersetzungswerke gehörigen (italienisch geschriebenen)
geistreichen wie scharfsinnigen Kommentar vermag die Literatur von des
großen Italieners Vaterlande kaum selbst etwas an die Seite zu stellen.
König Johanns Gedichte läßt jetzt in pietätvoller Ehrung ihres Schwieger-
vaters die Königin-Witwe Carola als Sammelwerk veröffentlichen. Sicherlich
wird dasselbe allenthalben die wärmste Sympathie finden und den Aus-
spruch des gelehrten Adolf Stern rechtfertigen: „König Johanns Dichtungen
sind nicht nur Zeugnisse der geistigen Vielseitigkeit dieses Fürsten, der
mit echtem Forschergeiste und umfassendem Wissen das Gebiet von mehr
als einer Wissenschaft beherrschte, sondern sie sind auch Zeugnisse seines
Bewußtseins, daß keine Wissenschaft die Wirkungen der Kunst, der Poesie
übertreffen oder ersetzen kann.“ — Der in jeder Weise groß angelegte
Monarch hielt es dabei nicht für unter seiner Würde, gemütvoll scherzende
Dialekt-Episoden in volkstümlichstem Tone niederzulegen. Vom Grund
seiner Seele aus aber war er der ernsten Muse zugetan, die von seinem
Vorbilde Dante als die Herrin der Tugend und Lehrerin der Weisen be-
zeichnet wird. Hierfür legt unter anderem ein tiefgefühltes Gedicht Zeugnis
ab, welches mit den Worten beginnt: „Hoch über den Sternen, wie muß
s so friedlich sein.“
Die durch König Johann eingeführten Gesetze und Verwaltungsmaß-=
regeln brachten Sachsen zu einer noch niemals dagewesenen Blüte. Den
auf 66 Millionen Taler reduzierten Staatsschulden standen vor Ausbruch
des preußisch-österreichischen Krieges 105 Millionen Taler als Staats-
vermögen gegenüber. In allen Teilen und sämtlichen Zweigen der Staats-
verwaltung wurden Überschüsse erzielt, die sich stetig mehrten. Das Volk
war glücklich, das Land ein gesegnetes.
Aber nicht nur für die Interessen des engeren Vaterlandes, dessen
Universität Leipzig durch ihn einen erneuten, der ganzen Welt strahlenden
Nimbus ihres alten stets bewährten Rufes erhielt — auch für Ansehen,
Geschichte und Entwickelung des großen deutschen Vaterlandes hatte König
Johann ein offenes und stets verständnisvolles Herz. Seiner persönlichen
Anregung ist (um hier nur ein Beispiel von vielen zu bringen) zusammen
mit dem, gleich ihm für die Geschichte unserer deutschen Vorfahren schwärmenden
Freiherrn von Aufseß, einem kunstverständigen bayerischen Patrioten, die
Gründung des germanischen Nationalmuseums in Nürnberg zu verdanken.
Dasselbe feierte im Juni 1902 sein fünzigjähriges Bestehen und bei dieser
Gelegenheit — dankbar der Stifter desselben gedenkend, sowie daran er-
innernd, daß es allezeit auch ein Denkmal des Reichsgedankens gewesen sei
und zwar hauptsächlich durch die Pastoren Nikolai aus Lohmen und Götzinger aus der
Nähe von Stolpen wurde diese Felsengegend erschlossen, deren Romantik schon viele über-
rascht und Unzählige erfreut hat.
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