— 179 —
Noch lag die Entscheidung im Gange der Waffen. Und „eisern im
wolkichten Pulverdampf, eisern fielen die Würfel“. — Die beiden Endziffern
der verhängnisvollen Jahreszahl — 66 — gleichen fürwahr zwei Brand—
raketen, die aus einem Teile des großen Vaterlandes in den anderen und
von dort zurück geworfen wurden. Drohend stehen sie da wie Menschen
mit erhobenem Schwurfinger. Sie erinnern an zwei Brüder, die mit
aufgehobenen Armen einander zu vernichten trachten, an die sich aufrollende
Schlange der Zwietracht, die jählings emporschnellt.
Gleich schweren Gewittern, jener Ultima ratio einer mit gegenseitig
feindlichen Elektrizitäten überspannten Natur, deren zuckender Strahl von
grollendem Donner begleitet, geeignet ist, plötzliche Verheerungen auf die
friedliche Erde zu bringen weit und weit, so spieen die Feuerschlünde
aus den hellblauen preußischen, aus den gelb angestrichenen österreichischen
und aus den dunkelgrauen sächsischen Geschützen Tod und Verderben auf
den böhmischen Schlachtfeldern. — Tod und Verderben fand auch der
Legitimitätsgedanke. König Johann, der es zu wiederholten Malen aus—
gesprochen hat, daß eine feste Einigung ganz Deutschlands in förderativer
Weise sein aufrichtiger politischer Wunsch sei und dessen Herz voll des
glühendsten Patriotismus für dieses zu einende große Deutschland schlug,
meinte (wie es der auf althistorischem Boden stehende Vaterlandsfreund
noch heute meint) unter diesem Deutschland die Zusammenfassung aller
deutschen Lande. Außer den Mittelstaaten gehören dieser Auffassung nach
— eine Trias, das heißt eine Dreiheit in der Einheit bildend — beide
deutschen Großmächte hierzu, also sterreich ebensowohl wie Preußen. Der
Waffengang jener beiden Rivalen war also wohl geeignet, bange Besorgnis
über das Schicksal des Vaterlandes aufkommen zu lassen. Der Augenblick
trug daher den Stempel ergreifender Denkwürdigkeit, an welchem König
Johann sich anschickte, mit seinem Heere Osterreich zu Hilfe eilend, die
Grenze Sachsens zu überschreiten. Nach kurzem Gebet lenkte er sein Pferd
auf böhmischen Boden mit den Worten: „Nun vorwärts mit Gott, meine
Herren!“ Die sächsischen Truppen bewährten auch in diesem Feldzuge
ihren Ruf. Ihr Führer aber, Kronprinz Albert, der sich bereits mit
21 Jahren in Schleswig-Holstein nicht nur als tüchtiger Taktiker, sondern
auch als umsichtiger Stratege erwiesen hatte, begründete den seinigen als
Feldherr.
Zu wiederholten Malen hat dieser Sachsenherzog Anordnungen der
kaiserlich österreichischen Armee-Oberleitung (Feldzeugmeister von Benedek),
die seinem Feldherrnblicke unzweckmäßig erschienen, unter gleichzeitiger
Meldung dieses Vorhabens, zum Heile der ganzen Armee umgeändert
(die österreichische Feldzugsbeschreibung gibt dies fz. B. Seite 325] unter
Hervorhebung der Richtigkeit von des Kronprinzen Maßregeln zu) und die
Entscheidung bei Königgrätz wäre vielleicht anders gefallen, wenn Benedek
Jedem das Seine, eine bei Cicero oft vorkommende Wendung, Devise des Schwarzen
Adlerordens (1701).
12“