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schwerverwundete Grenadier Ahnert, der einst wegen des Vergehens wieder-
holter Eigenmächtigkeit in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzt
worden war, nun aber durch besonders tapferes Verhalten in der Schlacht
sich zu rehabilitieren trachtete, in männlich -kindlichem Angstgefühl, ob sein
Vorhaben ihm auch gelungen sei, mit gebrochenen Augen seinem Kom-
pagniechef die Worte zuflüsterte: „Nicht wahr, Herr Hauptmann, ich sterbe
als ein guter Soldat?“
Von den vielen weiteren großen Taten der sächsischen Truppen, die
mit denjenigen aller deutschen Stämme im Ausbau ihres kriegerischen
Ruhmes wetteiferten, seien nur noch kurz hervorgehoben die Eroberung der
Turkofahne im blutigen Handgemenge bei Daigny seitens der Kompagnie
Küstner des 104. Regimentes; desselben Regimentes Eroberung dreier
Mitrailleusen mit stürmender Hand und die durch das 13. Jägerbataillon
gleichfalls mit dem Bajonett vollführte Eroberung zweier Geschütze und
einer Mitrailleuse. Auch die beiden, jetzt vor der Schützenkaserne in
Dresden stehenden Kanonen wurden im Feuer genommen und zwar durch
einen Zug der 6. Kompagnie des Schützenregimentes unter dem Reserve-
leutnant Naumann. Nicht unerwähnt bleiben darf ferner das äbßerst
rühmliche Verhalten des 105. Regimentes, welches in der Schlacht bei
Sedan auf dem Höhenrücken von la Moncelle (und zwar der damaligen
allgemeinen Gefechtslage wegen längere Zeit ohne jede Reserve) dem An-
sturme der gesamten französischen Division Lartique Stand hielt, zuletzt —
weil die Munition vollständig verschossen — unter Hauptmann Baum-
garten zum Gegenangriff mit dem Bajonett übergehend. Die einzige
Unterstützung jenes braven Regimentes bildeten die Batterien der Divisions-
artillerie, wie denn das Verhalten der gesamten sächsischen Artillerie während
des ganzen Feldzuges über alles Lob erhaben war. (Nicht die Menge
des Schießens, sondern die Art desselben tut es. Nichtsdestoweniger
dürfte es interessieren, daß beispielsweise an dem einzigen Tage von Sedan
die sächsischen Batterien je bis zu 789 Schuß abgegeben haben.) Be-
kanntlich trafen auf einem Teile des Schlachtfeldes am Vormittag die
Sachsen, bevor sie weiter vordrangen, gerade ein, um die seit den frühesten
Morgenstunden aufs härteste bedrängten Bayern aus ihrer überaus gefähr-
lichen Lage zu befreien. Hierauf nimmt folgendes bayerisches Soldatenlied
Bezug: „Da kommt ein Offizier gesprengt von unfren Cheveaulegers. Der
ruft: Die Sachsen kommen, sie kommen in dichten Kolonnen, sind da mit
der ganzen Armee. Und als sie aufmarschierten, wir Bayern jubilierten.
Hurra! Zu Hilfe dem Bayer, der tapfer gehalten im Feuer! — Dank
Euch, Ihr braven Sachsen. Nun sind wir allem gewachsen."
Des durch Blut und Eisen neu und festgeeinten Deutschen Reiches
freut sich nicht zum wenigsten das gesamte Königreich Sachsen, dessen Fürst
und Volk als ein treues Glied desselben allenthalben anerkannt ist. Unter
hervorragender Teilnahme des Hauses Wettin ist eine Gestaltung der
deutschen Verhältnisse errungen worden, die in ihrer föderativen Art