— 196 —
böswillige Verführer irregeleitet worden sind, müssen unglücklich genannt
werden, aus dem einfachen Grunde, weil ihr Gewissen sie verdammen
wird. Zwar sind dieselben auf dem Wege der Leugnung alles Göttlichen
und Überirdischen bemüht, jene ihnen als „altväterisch und überwunden“
geltende Stimme des Herzens aus ihrer Brust, wie aus derjenigen aller
anderen in teuflischer Lust herauszureißen, allein innerlich wohl kann
ihnen dabei nicht sein. Aber nicht jedem Unglücklichen gebührt Mitleid.
Diesen Unglücklichen nicht, weil sie erstens im Vollgefühl und Übermaß
falsch verstandener Freiheit gar nicht in die, wie sie meinen, unwürdige
Lage geraten wollen, bemitleidet zu werden und weil sie zweitens unver-
hohlen ihre Absicht dahin kundgeben, alles das zerstören zu wollen, was
bisher dem Menschengeschlechte heilig gewesen ist. Verbunden mit gerechter
Abwägung alles gerechterweise zu Erstrebenden ist es Pflicht des Staates,
seinen Bestand zu schützen und seine Ordnung zu wahren. Er ist ver-
pflichtet, gewappnet und auf der Hut zu sein, den Angriffen etwaiger
äußerer Feinde gegenüber ebenso wie gegen die Hydra des inneren Feindes.
Was den letzteren betrifft, so hat, sehr richtigerweise, um Versöhnung wie
Frieden mit der Masse der Verführten des Volkes anzubahnen und zu
Verständigungen auf beiden Seiten zu gelangen, Kaiser Wilhelm II. die
Aufforderung ausgesprochen: „Schickt uns Arbeiter aus Eurer Mitte in
den Reichstag und wir wollen mit ihnen beraten, aber reißt Euch los von
dem verführerischen Treiben der Sozialdemokratie.“ Man sollte meinen,
dieser einfachen und durchaus berechtigten Aufforderung nachzukommen
würde man sich beeilen. Aber wenn man Loyalität auch nur geringster
Art auf jener Seite vermutet, irrt man sich.10) Es ist erschrecklich, welchen
Sand sich bisher ruhige und harmlose Bürger von den Führern der
Sozialdemokratie und deren aufwiegelnden Sendboten in die Augen werfen
139), Hierfür gibt ein Vorgang im 19. Wahlkreise (Aue-Schneeberg) beredtestes Zeug-
nis. Dort hatte sich nach langem Widerstreben und Bedenken, in eine ungewohnte Sphäre
zu kommen, ein ganz besonders ehrenwerter Mann des Volkes und Arbeiter im besten
Sinne, der Bergzimmerling Eduard Hänel, bereit finden lassen, um im Sinne jenes kaiser-
lichen Ausspruches der guten Sache von Ordnung, König und Vaterland zu dienen, die
Kandidatur zum Reichstage anzunehmen. A. Pache, dem die Verantwortlichkeit für die
Wahrheit der Mitteilung zufällt, erzählt im „Vaterland“ vom 15. August 1903: Hänels
Vater, gleichfalls Bergarbeiter, war ein begeisteter Anhänger der Sozialdemokratie. Vom
väterlichen Einflusse bewogen, huldigte auch der Sohn dieser Anschauung, bis ruhige, reif-
liche überlegung und eine gründliche scharfe Beurteilung der Verhältnisse des Bergreviers
ihn zur Einsicht brachten, daß der Weg, den er bisher gegangen, nicht der rechte sein könne.
Der junge Hänel trat demgemäß nicht nur aus den Reihen der Sozialdemokratie aus,
sondern gründete — ein Paulus aus einem Saulus geworden — im Jahre 1897 den
Verein „Königstreuer Knappen“, welcher jetzt aus 2000 Mitgliedern besteht. Aber die
Voraussetzung, daß den arbeitenden Kreisen ein schlichter verständiger Arbeiter aus ihrer
Mitte als Vertreter genehm sein werde, sollte sich nicht erfüllen. Derartig stehen dieselben
unter dem Banne der Umstürzler. Es wurde eine andere Parole ausgegeben. Die Sozial-
demokraten agitierten derartig für einen ihrer Parteigänger, einen gewesenen Advokaten
jüdischer Rasse, daß die Ordnungspartei unterlag.