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das mich ja kennt, die Liebe, die es dem teuren Entschlafenen gewidmet
hat, auch auf mich übertragen wird.“
Ein solches Vertrauen muß und wird wieder Vertrauen erwecken. Eine
solche Sprache ist die eines Herrschers, der sich seines Fürstenamtes von
Gottes Gnaden im vollen Umfange dessen schwerer Pflichten voll bewußt
ist, ist die Sprache edler Bescheidenheit, die mit festem Willen und stolzer
Tatkraft sich vereinigt. Wer in dieser Sprache mit diesen Worten in solchen
Momenten redet, dem müssen die Herzen entgegenschlagen, denn es ist die
Sprache heilig frommen Ernstes und reiflicher Überlegung, reiflicher Über-
legung im Anblicke der bergehohen Verantwortlichkeit.
Le Roi est mort! Vive le Roil Dieser Satz ist zwar französischen
Ursprunges. Aber das, was er sagt: „Der König ist tot. Es lebe der
König!“ ist die Quintessenz jeglichen monarchischen Gedankens. — Sehr
richtigerweise betont König Georg in dem Erlasse an sein Volk, daß dasselbe
ihn ja schon kenne. Und in der Tat, des neuen Königs Person und
Verdienste haben schon längst einen festen Platz im Herzen seines Volkes.
Ein abschließendes Urteil aber, selbst über die bedeutendsten Männer
kann dennoch nicht bei deren Lebzeiten gefällt werden, ganz abgesehen von
der Arroganz, die vielfach in einem derartigen Unterfangen liegen würde.
Ein solches Urteil über eine Erscheinung der Gegenwart vermag nur
dann erst ausgesprochen zu werden, wenn die Gegenwart ihr Kind an die
Vergangenheit abgegeben hat. Daß diese Zukunft im vorliegenden Falle
noch recht lange auf sich warten lassen möge, ist das Gebet und der Wunsch
aller treuen Sachsen. — Sie kennen ihren König. „Heil dem Volke, dessen
Thron ein Nestor, nicht nur an Jahren, sondern auch an Weisheit bestiegen“
— so begrüßt Oldwig von Uechtritz im Deutschen Adelsblatte den König
Georg. „Wohl dem Volke, das sich mit solcher Zuversicht wie das
sächsische der Leitung hingeben kann, unter welche Gottes Ratschluß es
gestellt."
Gottes Gnade wird das Gebet eines treuen Volkes erhören und den
Fürsten, der sein siebenzigstes Lebensjahr damit beginnt, die Aufgaben
eines Herrschers zu übernehmen, mit jener Kraft aus der Höhe ausrüsten,
die nur er, der König der Könige den Lenkern der Völkergeschicke zu ver-
leihen vermag.
Kein leichtes Amt fürwahr ist des Königs Amt in diesen gegen-
wärtigen Tagen, in denen der Same der Zwietracht und der unbedingten
Unzufriedenheit aufzugehen beginnt, den die in jeder Gestalt auftretenden
Verführer im verderblichen Banne teuflischer Lüge auszustreuen eifrig be-
flissen gewesen sind. Gott schütze Deutschland, Gott schütze Sachsen. Den
König segne Gott.
Geboren zu Pillnitz am 8. August 1832, bei seiner Thronbesteigung
also nur wenige Wochen von der Erreichung des 70. Lebensjahres
entfernt, genoß König Georg gleich seinem erlauchten Bruder die aus-
gezeichnetste Erziehung; trat im Alter von 17 Jahren als Leutnant bei