Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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erhalten werden. Denn trotz des Begriffes „Volk in Waffen“ bildet das 
deutsche Volk kein Milizheer, wie beispielsweise die Schweiz, und jeder Ge— 
danke an die Einführung eines solchen muß im Interesse des Vaterlandes 
weit weggewiesen werden. Eine noch so große Masse ganz gut bewaffneter 
und ausgerüsteter, aber nicht genügend eingeübter und nicht disziplinierter 
Leute ist noch immer kein kriegsbrauchbares Heer. Ja selbst Begeisterung 
vermag am letzten Ende Manneszucht und Erfahrung nicht zu ersetzen. 
Aufgabe der zum stehenden Heere einberufenen oder dessen Reserven an— 
gehörigen Söhne des Vaterlandes ist es, Geist, Erziehung und Wesen 
kriegerischen Denkens und Fühlens gewissermaßen als einen Sauerteig ins 
Volk zu bringen, durch den die ganze Nation sozusagen militärisch durchwirkt 
wird. Aber trotzdem die gesamte wehrfähige Bevölkerung — man verzeihe 
den trivialen Ausdruck, er ist durchaus ernst und edel gemeint — zu ethischen 
Kommißbrotessern gestempelt erscheint, ist doch der Soldatenstand immer noch 
ein Stand für sich. Noch immer gilt unseres idealsten Dichters Wort: „Der 
Soldat muß sich können fühlen“, noch immer der Ausruf Scribe's: „Ha, 
welche Lust, Soldat zu sein!“ Und wenn des Dienstes mitunter vielleicht 
gar zu drückende Schwere den letzteren Ausruf vielleicht da oder dort etwas 
zu dämpfen geeignet sein sollte, so bleibt selbst dann, selbst in den schwie— 
rigsten Momenten, immer es eine Ehre, Soldat zu sein. Es ist auch eine 
Ehre, Soldat gewesen zu sein. Des sind die Veteranen Zeuge, welche, der 
ruhmreichen Überlieferungen des gesamten Heeres wie der einzelnen Truppen— 
teile und des Eides gedenkend, der sie mit jenen verbunden hat, in schlichtem 
bürgerlichen Kleide eine nach innen glänzende Garde um die Person 
ihres Fürsten, um die hohe sittliche Idee von Ordnung und Gesittung, 
von Religion und Vaterland bilden. 163) Manneszucht pflegend in Herz 
und in Haus, in Gemeinde und Staat, treten sie zu Kriegervereinen zu- 
163) Die Umstürzler und Sozialdemokraten freilich, denen — wie ihr Genosse Liebknecht 
sagt — das Wort „Vaterland“ keinen Zauber hat, sondern ein überwundener Standpunkt, 
ein reaktionärer, feindlicher ist, denen in Bezug auf das Panier, welches die alten Soldaten 
aufwerfen, „das Pentagramma Pein macht“, in den Militärvereinen instinktiv ein Bollwerk 
gegen die überflutung der bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Ansichten und Bestrebungen 
sehend, bemühen sich, diese Vereine und deren Organisation mit Hohn und Spott zu ver- 
folgen. „Hurra-Kanaillen“ und „Kriechervereinler“ nennen sozialdemokratische Zeitungen 
die Männer, welche ihre Anhänglichkeit an den Kriegerstand mutig bekennen und Vereinen 
angehören, die gegründet sind „zur Wahrung und Förderung ehrenhafter Gesinnungen für 
Ordnung und Sittlichkeit, der Treue für König und Vaterland, Kaiser und Reich sowie 
Gehorsam gegen Gesetz und Obrigkeit.“ Mögen die alten Krieger sich durch solche Be- 
schimpfungen nicht irre machen lassen, sondern nach wie vor Ehre und Gewissen als Richt- 
schnur ansehen. Mögen sie nach wie vor die Fahne der Treue hochhalten. Mögen sie stets 
gerüstet und gefechtsbereit sein, den guten Kampf zu kämpfen, der Verheißung hat; 
noch in ihren alten Tagen, ja in denen erst recht. Und mögen sie immer Waffen zu diesem 
Kampfe blank halten, es sind keine äußerlichen greifbaren Waffen, es sind die unsichtbaren 
geistigen Waffen, die aus dem Zeughause der Gottesfurcht, Königstreue und Baterlands- 
liebe stammen. Mögen die braven Veteranen allezeit bereit sein, mit Ehren zu bestehen, 
wenn der Herr der Heerscharen sie zur großen Revue vor sein heiliges Angesicht ruft.
	        
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