Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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begütert.)169) Professor Walthers Sohn hält, als Primaner der Kreuz— 
schule, die Fahnenwacht jenes akademischen Palladiums, dem auch Theodor 
Körner gefolgt ist, als er hier den Grund zu dem Wissen legte, welches 
seinen feurigen Dichtergeist befähigte, ihn auf die allseitig neidlos aner— 
kannte Höhe der Volkstümlichkeit zu bringen, welche dieser patriotische Poet 
und poetische Patriot mit Recht genießt. Daß jenem Helden, dem Freunde 
164) Wenn bei den Vertretern der ritterlichen Lehensmannschaft, oder wie das Lehens- 
buch sagt „erbarn Mannschaft“, also adliger Familien, genealogische Notizen haben beige- 
geben werden können, so liegt das in der historischen Tatsache begründet, daß in den frühe- 
sten Zeiten nicht die Schicksale aller Menschen und nicht die Geschichte aller Familien 
aufgezeichnet werden konnten. Vielmehr beschränkten sich zu einer Zeit, in welcher die 
Kunst des Schreibens in der Hauptsache nur hinter Klostermauern eine Heimstätte hatte, 
jene Aufzeichnungen naturgemäß auf solche Personen oder Geschlechter, die durch besondere 
Taten oder hervorragende Stellungen bekannt waren. Wenn auch die Gleichheit aller Freien 
als Grundlage galt, so gab doch schon in den alten Zeiten germanischer Volksverfassung der 
Besitz eines Hofes, der bald zum Edelhofe wurde, ein von der Allgemeinheit anerkanntes über- 
gewicht. Grund und Boden konnte nicht ohne weiteres von Vater auf Sohn vererbt werden, 
vielmehr gehörte hierzu die Einwilligung und übereinstimmung der ganzen Sippe (Adol), hier- 
durch die Gewähr gebend, nur wirklich Tüchtige auf jenen Plätzen zu sehen. Auch durfte nur 
ein Sohn in den Besitz des freien Hofes (Alod) gelangen, dessen Unteilbarkeit den Grund zu 
steigender Macht legte. An die Grundgesessenen gliederte sich, aus deren jüngeren Söhnen und 
den Mannen der Gefolgschaften sich rekrutierend, der Berufsstand der Ritter, der später unter 
dem Namen Adel zum Geburtsstand wurde. Ohne weiteres ist zuzugeben, daß (durch die 
historische Entwickelung der politischen und sozialen Verhältnisse im Laufe von Jahrhunderten 
bedingt) mancher westfälische Bauer mit größerem Rechte dem Uradel angehört, als mancher 
Edelmann, der dies für sich in Anspruch nimmt. Jedenfalls aber muß die Geschichte mit dem 
Adel rechnen und ihn anerkennen als einen wichtigen Faktor auf dem Wege der Entwickelung, 
der vieles Große und Edle vollbracht hat, dessen Führerschaft der Volksgemeinde zumeist 
zur Wohlfahrt gedient hat, wenn er seines hohen Berufes der Vorbildlichkeit gewaltet. Ja, 
die Existenzberechtigung des Adels kann nicht geleugnet werden, so lange derselbe seine 
Pflichten als seine Rechte ansieht, so lange sozialaristokratisches Denken und Fühlen in wirk- 
samer Weise von ihm ausströmt und er vorbildlich zu wirken beflissen ist, in Ausführung 
des Wortes „Adel verpflichtet". 
Die Geschichte, und Forscher wie Betrachter der Geschichte, müssen ferner damit rechnen, 
daß in den früheren Zeiten zumeist Nachrichten adeliger Geschlechter in den Chroniken Auf- 
nahme gefunden haben. Hierbei möge noch die Bemerkung eingeflochten werden, daß vom 
Standpunkte der Ethik aus ein nicht edel denkender Adel kein Adel ist und wenn ihn der 
Fürstenmantel ziere. Im übrigen haben adelige wie nicht adelige Familien ihre Geschichte. 
Und die Bestrebungen des neuerdings von dem Professor Dr. Unbescheid ins Leben ge- 
rufenen Vereins für Stammeskunde verdienen volle Anerkennung. Nicht nur auf Burgen 
und Schlössern (sofern dieselben und ihre Archive Plünderungen und Zerstörungen über- 
dauert haben), sondern auch in manchem Schreine und in manchen Folianten manchen 
Bürgerhauses sind ethische Schätze enthalten, die noch des Hebens harren. Jede Familien- 
geschichte stellt in ihrer selbstverständlichen Tendenz der Anregung zum Guten einen wert- 
vollen Schatz dar, durchweht vom anspornenden Geiste der Ahnen, wertvoller als Schätze, 
die von Motten und Rost gefressen werden. Solchen Schatzes sich für seine Person und 
seine Familie erfreuen zu können, ihn aus dem Wust von Pergamenten und Papieren ans 
Tageslicht sowie zur Nachachtung zu fördern, muß sich ein jeder angelegen sein lassen, der 
über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seiner selbst wie seines Geschlechtes und der 
Seinigen überhaupt nachdenkt.
	        
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