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Hübnerschen Pläne sind nicht zur Ausführung gelangt. Demjenigen
Künstler, dessen Projekt endgültig angenommen und ausgeführt worden ist,
gereicht es daher entschieden zur Ehre, seinen geistigen Konkurrenten —
sine ira et studio — einen Platz gegeben und deren Andenken an dieser
Stelle gesichert zu haben. “
Als weitere Vertreter des huldigenden Volkes, welches in einer Gruppe
zusammengefaßt, voll anhänglicher Treue und Verehrung freudig dem Zuge
der Fürsten sich anschließt, gelangen nunmehr drei Persönlichkeiten zur
Darstellung, deren Gesichtszüge allen Dresdnern als diejenigen liebenswerter
und berühmter Mitbürger, allen Sachsen als diejenigen hervorragender
Landsleute, allen Deutschen aber als solche großer Söhne ihres Volkes
bekannt sind: Schilling, Hähnel und Ludwig Richter. 16)
Johannes Schilling, 1828 zu Mittweida geboren, Hofrat und Professor,
Schüler Rietschels und Hähnels, hat seit 1857 sein ständiges Domizil in
Sachsens Hauptstadt. Diese verdankt ihm einige hervorragende Meister-
werke, wie z. B. die Gruppen der Tageszeiten an der großen Freitreppe
der Brühlschen Terrasse, das Panthergespann mit Bacchus und Ariadne am
Hoftheater, das Reiterdenkmal König Johanns und andere mehr. Von
allen Werken des Meisters das bedeutendste aber ist das herrliche National-
denkmal auf dem Niederwald.
166) Hier möchte auch der beiden Söhne des Lehrers Schmidt gedacht werden, welche
mit Eifer bei den Vorarbeiten zur Reproduktion der Bilder des Fürstenzuges behülflich ge-
wesen sind. Die Genehmigung zur Reproduktion hat die Hof-Kunsthandlung Ernst Arnold
(Inhaber A. Gutbier) in dankenswerter Weise erteilt. Bei dieser Kunsthandlung (Dresden,
Schloßstraße) sind noch jetzt Exemplare der von derselben vor einigen Jahren heraus-
gegebenen, von A. Stern mit Notizen versehenen Abbildungen zu haben. Das stimmungs-
volle Bild des Innenhofes ist von der Kunsthandlung Köhler, Große Meißnergasse.
107) Wenn auch nicht alle schönen Künste durch Repräsentanten hier vertreten sind
und die Jünger der Musen nicht eine besondere Abordnung bilden, so berührt es doch sehr
angenehm, unter den schaffenden Künstlern so hervorragende hier anzutreffen, deren schöne
Seelen schön empfunden haben und deren Werke — von ihrer meisterhaften Technik aus
den Gedanken in die Tat umgesetzt — so „trefflich und vollkommen“ sind. Sie haben hohes
erreicht, sind aber auch stets des Dichterwortes und der hehren Mahnung eingedenk geblieben:
« „Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben.
Bewahret sie!
Sie sinkt mit Euch. Mit Euch wird sie sich heben.“
Und hieran — jene drei Männer als Vorbilder zur Besserung aufstellend — möchte ganz
bescheidentlich die Hoffnung angeknüpft werden, daß da, wo nicht nur das Leben, sondern
auch die Kunst — voll starrer Ableugnung ihres himmlischen Entstehens — in den er-
stickenden Banden des öden Naturalismus und der Leugnung Gottes wie alles Edlen be-
fangen ist, eine baldige Umkehr zum Besseren eintreten möge. Wie Gewitterschwüle lasten
Sittenlosigkeit und Verrohung auf dem Menschengeschlecht. Moderne Künstler helfen
vielfach in unbegreiflicher Verblendung dazu, das Modern allgemein zu machen, anstatt
ihren hohen Beruf zu erkennen und als solchen aufzufassen, durch welchen Gottesfunken in
die Welt entsendet und der Menschheit geboten werden sollen. Möchte doch die Kunst,
gerade weil sie frei und göttlich ist, sich selbst und dem gesunden Sinne der noch nicht
entmenschten Menschheit zum Aufschwingen in reinere Luft verhelfen, ehe ein verderben-
drohendes Gewitter die Welt von den Miasmen der Gottentfremdung reinigen muß.