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Ernst Hähnel, geboren 1811 zu Dresden, gestorben daselbst im
80. Lebensjahre, ist im In- und Ausland als der Schöpfer hervorragend
künstlerischer Bildhauerwerke bekannt, unter denen wiederum die Standbilder
historischer Personen die bedeutendsten sind. In seiner Vaterstadt sind
Zeugen dessen die Statue Friedrich Augusts II. auf dem Neumarkt und
diejenige Theodor Körners vor der Kreuzschule. Auch rührt der heilige
Georg auf dem Brunnen neben der Sophienkirche von ihm her, der in
seiner Schönheit und Bedeutsamkeit viel zu wenig gewürdigt wird. Die
berühmten Skulpturen am alten, leider durch Feuersbrunst vernichteten
Hoftheater waren ebenfalls Meisterwerke von Hähnels Hand.
Ludwig Richter, am 28. September 1803 zu Dresden geboren — von
den Kindern, die seine liebenswürdige Greisengestalt fröhlich umhüpften,
wenn er in seinem Lieblingsaufenthaltsorte Loschwitz weilte, nur immer
schlechthin „der gute Mann" genannt —, ist bekanntlich der Schöpfer jener
gemütvollen Radierungen, in denen Poesie und Idylle mit der technischen
Meisterschaft des Malers und Stechers verbunden sind. Außerdem atmen
sie sämtlich den Hauch einer kindlich reinen Seele. Dieselben bergen eine
willkommene Unterstützung der Ethik, des Idealismus und der Gemütstiefe
in ihren künstlerisch geführten Strichen. Vom technischen Standpunkte aus
brachten sie Richter den Ruhm, den Holzschnitt nach dem Vorbilde Dürers
auf seine ursprüngliche Einfachheit zurückgeführt zu haben. Seine Bilder,
in denen er (als einer der Ersten) Landschaft mit Genre innigst verbindet,
stellen mit Vorliebe das deutsche Volk in dessen häuslichen Beschäftigungen
dar, wobei Kinder und Haustiere fast niemals fehlen. Sie zeugen von
einer wahren, heiter-religiösen Innigkeit des Gemütes und jedes einzelne
von ihnen mutet an wie ein Gebet. Man hat vielfach gefabelt von
„Rembrandt als Erzieher“ (welches Buch in 45 Auflagen erschienen sein
soll). Ohne die vortrefflichen künstlerischen Eigenschaften und guten Ab-
sichten jenes berühmten Holländers leugnen zu wollen, muß doch festgestellt
werden, daß Ludwig Richter nicht nur als Maler, sondern auch als Mensch
vorbildlich gewesen ist. Er kann in der Tat als Erzieher gelten. Seine
„Lebenserinnerungen“ bilden einen kostbaren Schatz für jedes Haus. Wollte
Gott, daß alle Deutschen, ja alle Menschen sich an Ludwig Richters echt
christlicher Frömmigkeit, seinem natürlichen Frohsinn, seiner kindlichen Be-
scheidenheit und Mildtätigkeit, an dessen positivem Können und Wissen,
sowie an seiner rastlosen Schaffensfreudigkeit, mit ernster Uberlegung Vor-
bild und Beispiel nähmen. Am Morgen seines Todestages, des 19. Juni
1884, mit dessen untergehender Sonne des Altmeisters Seele Abschied nahm
von der Erde, um zum ewigen Leben einzugehen droben beim Vater, hat
der stets von unsichtbaren Ranken zarter Poesie umwoben gewesene deutsche
Mann nachstehende Worte in sein Tagebuch geschrieben — dasselbe schließend:
„Groß denken, im Herzen rein,
Halte dich gering und klein.
Freue dich in Gott allein."