Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Hofkaplan Klein hielt dem teuren Entschlafenen eine tief empfundene 
Leichenrede. 105) 
Die drei blumengeschmückten Kinder, die ihm auf dem Sgraffitofriese 
folgen, sind Richtersche Gestalten, von Walther pietät= und verständnisvoll 
hierher gesetzt. Denn gleichwie dieselben den „guten Mann“ umdrängen, 
dessen Herzensgüte aus seinen milden Augen leuchtet, so gibt die Anwesen- 
heit von Kindern im Gefolge der Fürsten die Anhänglichkeit auch dieser 
Kleinsten und Jüngsten des Volkes für das angestammte Herrscherhaus zu 
erkennen. Und — wer die Jugend hat, der hat die Zukunft. 
Als erster auf der rechten Seite der jetzt kommenden Reihe schreitet 
der gelehrte Germanist Geheimer Hofrat Dr. Förstemann, ein echter Mann 
der Wissenschaft. Sein beinahe 25 jähriges Wirken als Königlicher Ober- 
bibliothekar ist nach allen Richtungen hin ein segensreiches gewesen und 
sein Name hat in der Gelehrtenwelt besonders durch seine von tiefer Wissen- 
schaftlichkeit zeugende Erläuterung zu der berühmten Dresdner „Maya- 
Handschrift", dem ehrwürdigen altmexikanischen Hieroglyphen-Kodex, einen 
Klang von Bedeutung errungen. Er sowohl wie sein Nachfolger in der 
Vorstandschaft der königlichen öffentlichen Bibliothek, Dr. Schnorr von 
Carolsfeld, haben keine Mühe gescheut, durch Katalogisieren der großartigen 
Bücherschätze derselben die Benutzung dieser Fundgrube im Bereich der 
Wissenschaften zu erleichtern, welche ihr Entstehen den sächsischen Fürsten 
verdankt. Die goldenen Worte „Usui publico patens“ am Hauptgiebel 
des Japanischen Palais, in dessen schönen Räumen außer der großartigen 
Bibliothek der Wettiner früher auch die ebenso weltberühmte Porzellan- 
sammlung untergebracht war, geben Kunde von fürstlicher Fürsorge und 
königlichen Gedanken. Sie laden zum Besuche einer Stätte ein, an welcher 
wissenschaftliche Weiterbildung als eine edle Erholung betrieben werden 
kann, wo ernste Studien auf tausenden von Regalen, in Manuskripten wie 
in Drucken ihren Mentor finden. 16) 
Als Mittelgestalt der Herrengruppe ist diejenige des sprachengewandten 
Geheimrates Wiesner aufgefaßt (gestorben 1898, 67 Jahre alt), Abteilungs- 
kommissar und Dezernent für die schönen Künste im Ministerium; während 
  
168) In einer liebevoll geschriebenen Biographie im Sächsischen Volkskalender von 1903 
setzt Geheimer Rat Roscher der Persönlichkeit Ludwig Richters ein verdientes literarisches 
Ehrendenkmal, während ihm ein solches aus Erz von seinen Verehrern und Mitbürgern 
bereits vor einigen Jahren auf der Brühlschen Terrasse errichtet worden ist. Die Bewohner- 
schaft von Loschwitz, einschließlich der dort lebenden zahlreichen Künstler, beging den hundertsten 
Geburtstag des Altmeisters, der so gern in dem idyllischen Orte sich aufgehalten hat, unter 
Beteiligung weiter Kreise, in sinnig feierlicher Weise. 
169) Wie im schattigen Walde unter moosigem Steine die Quellen des mastentragenden 
Stromes entspringen, so ist hier — kann hier wenigstens sein — der aus Quellen 
schöpfende Ausgangspunkt von Forschungen und Arbeiten, deren Wert und Einfluß viel 
weiter zu gehen im stande sind, als Schiffahrt und Weltverkehr es je vermögen. Denn der 
Geist beherrscht die Materie.
	        
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