Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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auf Ordnungschaffen in ihren Territorien bedacht, und mehr noch bestrebt, 
durch Eroberungen jenseits der Grenze die Marken zu vergrößern, da die 
eroberten Landesteile, und somit der Machtzuwachs, in erster Linie ihren 
eigenen Geschlechtern zu gute kam.?) 
Das Verdienst der Wettiner und Askanier, die, wie nachgehends erzählt 
werden soll, als Grafen der deutschen Grenzmarken einesteils dieselben nach 
Osten ausgedehnt, andernteils in zweckmäßiger national-ethischer wie sozial- 
praktischer Weise ausgebaut und dem Deutschtum nutzbar gemacht haben, 
darf niemals unterschätzt werden. Diese, in der Hauptsache von ihnen ge- 
leitete Germanisierung und Kolonisation des Ostens hat sich in der Folge 
als eine größere Tat erwiesen als das, an sich so schöne Bestreben der 
herrlichen Ottonen und Staufen, ein großes deutsch-abendländisches Kaisertum 
zu gründen. So sehr anerkanntermaßen das Ideale und Zauberhafte, welches 
dieser, schließlich unausgeführten, weil unausführbaren, Kaiser-Idee zu Grunde 
lag, im Verlaufe sämtlicher Jahrhunderte dazu gedient hat, die Sehnsucht 
Germaniens nach einem geeinten Kaisertume wach zu halten, so würde ein 
solches ohne jene stillen Arbeiten im Osten noch heute nicht haben zu stande 
kommen können. Heute sind Dresden und Berlin Horte des Deutschtums. 
Sie wären es nicht ohne das einstige Vorgehen der Wettiner und deren Helfer. 
Bis zum Jahre 1047 war die Markgrafenwürde von Meißen in der 
alten Familie der Ekardinger mehr oder weniger bestimmt erblich gewesen. 
Nach einer kurzen Zeit des Interregnums, welche auf deren Aussterben 
gefolgt war und mehrere hervorragende Personen mit jenem Amte be- 
kleidet gesehen hatte, übertrug wahrscheinlich im Jahre 1089 Kaiser 
Heinrich IV. die Mark Meißen an den zu Eilenburg gesessenen 
Grafen Heinrich von Wettin, seiner Hauptbesitzung nach Heinrich 
von Eilenburg genannt. 
Die Wiege des erlauchten Hauses Wettin, einer alten Dynastenfamilie 
des deutschen Uradels — jener echt germanischen Einrichtung, nach welcher 
die Tüchtigsten des freien Volkes freiwillig von demselben zu dessen Führern 
gewählt worden, Rang und Ansehen aber in dem Maße in ihren Sippen 
forterbte, als die Gesinnungen der Vorfahren den Nachkommen erhalten 
2) Schon Karl der Große hatte in seiner Weise und nach den Machtmitteln, die ihm 
zu Gebote standen, denselben Grundsatz der Ausdehnung und „Mehrung“ des Reiches be- 
folgt, den rund einhundert Jahre später Heinrich mit erneueter Offensivkraft wieder auf- 
nahm und der von Otto auch politisch weiter ausgebaut wurde. Was früher die Saale, 
war nun die Elbe und sollte die Oder werden; hätte die Weichsel sein müssen, wenn 
Dr. Peters Definition des Begriffes Germanien als das Land zwischen Rhein und Weichsel 
schon damals zur praktischen Geltung gekommen wäre. Während es aber dem Franken 
Karl nicht darauf angekommen zu sein scheint, Heiden, die sich nicht entschließen konnten, 
Tor und Wodan gegen Christum umzutauschen, ums Leben bringen zu lassen, vollzog 
sich unter seinen Nachfolgern aus dem Hause Sachsen die Missionierung in verhältnismäßig 
ruhiger Weise, so daß der Historiker Knothe sagen kann: „Die Eroberung der slavischen 
Länder zwischen Saale und Oder ist zwar durch die Gewalt der Waffen, Christianisierung 
und Germanisierung derselben, aber durchaus auf friedlichem Wege erfolgt.“
	        
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