Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

Mit dem Vordringen des Deutschtums nach Osten und dem Fußfassen 
der Fürstengewalt auch jenseits der bisherigen Grenzen ging naturgemäß 
Hand in Hand die Besiedelung durch Urdeutsche und das Auftreten von 
aus dem Inneren des Reiches (hier besonders Thüringen) mit Schwert, Pflug 
und Kreuz die Kolonisierung betreibenden Geschlechtern..) Teils waren die- 
selben Vasallen der Könige, teils Hintersassen der Markgrafen, jener beiden 
weltlichen Gewalten, welche schließlich im großen und ganzen einem gemein- 
samen Ziele zustrebten — der Germanisierung. Neben den hiermit ver- 
bundenen weltlichen Pflichten politischer und sozialer Natur unterzogen sich diese 
ritterlichen Lehensleute (und zwar aus vollster überzeugung) auch den Missions- 
bestrebungen der Kirche. Gleichzeitig gründeten sie — ihrer Aufgabe als 
Mittel= und Bindeglied zwischen Königtum und Volk sich bewußt — ihrer- 
seits neue Afterlehen und halfen auch durch Anknüpfung von Familien- 
verbindungen mit den alteingesessenen Häuptlingsgeschlechtern des Landes 
das Band befestigen, welches sich zum Heile des Ganzen durch Toleranz 
einerseits und durch Vermeiden von Unbotmäßigkeit anderseits, um alte und 
neue Beziehungen zu schlingen begann. Wo und wie übrigens die Grenz- 
scheide des Ursprunges so mancher Meißnischer Geschlechter zu suchen ist, 
die unzweifelhaft altflavische Namen führen, seit Jahrhunderten mindestens 
aber gut Deutsche sind, dürfte schwer festzustellen sein. Die Schlieben (ehe- 
mals ESlovin), die Schleinitz (Zlinicz), die Selmnitz (Czelwenicz), die 
Zehmen (Cimin), die Zezschwitz (Zceczewiz), die Planitz (Plevenicz) und 
andere mehr können ebensowohl die Abkömmlinge alter sorbischer Häuptlings- 
geschlechter sein, wie es möglich und wohl auch wahrscheinlich ist, daß sie 
eingewanderten, kolonisierenden thüringischen, fränkischen oder überhaupt 
deutschen Adelsfamilien entstammen, welche sich — wie damals üblich — 
nach ihren Rittersitzen, hier also nach den altsorbischen Sitzen nannten, die 
sie nach erfolgter Eroberung derselben eingenommen hatten, denn die Sitte 
und der Rechtsgebrauch der Annahme ständiger erblicher Familiennamen fällt 
erst etwa in die Mitte des 12. Jahrhunderts. 
Zahlreich erhoben sich immer neue Burgen auf hohen Bergesspitzen 
wie hinter schützenden Wassergräben; die Städte gediehen und die Dörfers) — 
nach einem gewissen Turnus die einzelnen Herren des limes Sorabicus (also der dortigen 
Grenzgegend), geistliche und weltliche, zur Burgwache (custodia urbis) nach Meißen, und 
übergaben die Burg nach Ablauf von vier Wochen einem zu gleichem Dienste verpflichteten 
Nachfolger. Die ihnen untergebene Besatzung bestand aus königlichen Vasallen oder 
Dienstmannen und wurde, wie es scheint, gleichfalls zum öfteren abgelöst und erneuert." 
7) So traten z. B. in dieser nutzbarmachenden Weise schon Mitte des 11. Jahrhunderts 
die Grafen von Lobdaburg von ihrer neuen Burg Elsterberg aus, vorbildlich in dem später 
reußischen Vogtlande auf. 
5) Die Rundlingform der sorbischen und wendischen Dörfer war vorzüglich für die 
Verteidigung geeignet und weist — da der Mittelpunkt von einem freien Platze rings um 
den Gemeindeteich und mit besonderen Befestigungsanlagen versehen, einen vorzüglichen 
Pferch für die Herden abgab — auf den großen Wert der Viehzucht hin, der bei jenen 
Völkern herrschte. Ahnlich den Wagenburgen und Zeltlagern, die das Wertvollste rings.
	        
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