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zwischen Wettin, Wittin und Wittukind, so fraglich sie ist, für möglich an—
genommen — Wittukind oder Wittinkind als Herzog der Sachsen tatsächlich
das uraltvolkstümliche Roß Wodans im nationalen Banner und in seinem
Schilde geführt hat.io) Zum großen Gerichtstage, dem auf uraltgermanischer
Volksverfassung beruhenden „Ding“ des Landes oder Landding (daraus
Landtag geworden), der in der Regel auf dem Gipfel des weit in das sich
hier merklich abflachende Meißner Land hinausschauenden Kolmberges bei
Oschatz abgehalten wurde, fanden sich alljährlich (meist in der Maienzeit —
daher Maifahrt) unter Vorsitz des Markgrafen die geistlichen und weltlichen
Lehensträger und Dienstmannen ein, um über das gemeine Wohl des Landes
zu beraten. Wie schon erwähnt, hatte sich diese, den hohen Reichsministerialen,
Herzögen und Markgrafen zustehende Befugnis des Vorsitzes im Frieden
und Führens im Kriege zur Fürstengewalt, ja schließlich zu einer — soweit
dies mit den Grundsätzen des Lehensstaates vereinbar war — erblichen
Fürstengewalt ausgewachsen. Dementsprechend hinterließ Konrad seinem
Hause die Markgrafschaft als ein relativ erblich gewordenes Fürstentum. u)
Leider konnte sich Markgraf Konrad nicht enthalten, eine Teilung seiner
Ländereien vorzunehmen. Heinrich, sein erstgeborener Sohn, war als Kind
gestorben. Der nunmehr älteste Sohn, Otto, erhielt die Mark Meißen,
Dietrich die Mark Lausitz mit der Grasschaft Eilenburg, Dedo die ehemals
Groitzschen Gebiete mit der Grafschaft Rochlitz, der jüngere Heinrich die
Grafschaft Wettin, Friedrich die Grafschaft Brena.
Diese Teilung wird von Konrads Verteidigern als eine, allerdings un-
gerechtfertigte, Üübertragung des deutschen Landrechtes (nach welchem alle
Söhne gleiches Erbrecht hatten) auf die gerade entgegengesetzen Prinzipien
10) Merkwürdig ist übrigens auf jeden Fall der Gleichklang des Geschlechtsnamens
Wettin oder Wittin mit der Burg gleichen Namens im Heimatslande der Wettiner, welche
der Sohn jenes berühmten Sachsenführers, als Christ getauft, Anno 809 an der Saale
erbaut haben soll und welche gleichzeitig als Stammburg der Wettiner gilt. Auch der
Name der Stadt Wittenberg oder Wittinberg, von welcher ebenfalls erzählt wird, Wittekinds
Sohn habe sie 812 an der Elbe gegründet, könnte zu denken geben. Anderseits dürfte die
Silbe wit und weiß eines gleichen Stammes sein.
11) An sich, und wenn der Begriff Erblichkeit immer im erhaltenden Sinne des freilich
aus diesem Grunde nicht selten herben Begriffes „Majorat“ aufgefaßt worden wäre, würde
die Institution der Erblichkeit stets gutes im Gefolge gehabt haben, denn sie hätte dann
eine stetige ununterbrochene Entwickelung von Land und Leuten gewährleistet. Da sie aber
durch das Vorwiegen rein menschlicher Gedanken über politisch weitschauende Erwägungen
nur zu oft zu Teilungen und Zersplitterungen führte, so ist sie die Quelle manches Un-
heils geworden. Dieser Umstand hat oft im Laufe der Zeit durch seine Resultate zu Un-
gunsten der Erblichkeit gesprochen, deren große Wohltat anderseits darin liegt, daß die
väterliche Fürsorge für seine Untertanen dem erblichen Fürsten — wenn anders er seinen
hohen Beruf richtig auffaßt — sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Kaemmel
sagt, indem er von Markgraf Konrads Teilungsmaßnahmen spricht: Der Ursprung des
weltlichen Fürstentums, aus einer Verbindung von Grundbesitz und Amtsrechten, macht es
erklärlich, daß der privatrechtliche Gedanke der Teilbarkeit, der bei jenem so natürlich war,
so lange den politischen der staatlichen Einheit nicht hat aufkommen lassen.