Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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in blendenden Außerlichkeiten erblicken, machte er dieser selten hervor- 
ragenden Stellung allerdings Ehre. Heinrichs romantischer Richtung und 
seiner Prachtliebe — auf der soliden Basis des Könnens stehend, weil die 
Mittel dazu vorhanden waren — entsprangen die drei berühmten Turniere, 
zu Nordhausen 1263, zu Merseburg 1265 und zu Meißen 1268, Schau- 
stellungen von höfischem Prunk und fürstlich-ritterlichem Glanze, wie sie in 
Wahrheit sehr selten vorgekommen sind. Namentlich das erstgenannte Turnier 
erregte durch geradezu märchen= und zauberhaften Nimbus die gerechte Be- 
wunderung der Mit= und Nachwelt.75) 
So gerechtfertigt es ohne Zweifel ist, daß seine vornehme Denkungsart, 
seine ritterlichen Einzeltaten und persönlichen Vorzüge wie seine große Be- 
geisterung für alles Schöne und Erhabene den Erlauchten Heinrich vor aller 
Welt mit einem Strahlenglanze umgaben, der auch indirekt für sein Land 
wie dessen Stellung und Ansehen unbestritten förderlich war, so unglücklich 
sind die meisten seiner Regierungsmaßnahmen gewesen. Hätte dieser an sich 
so mächtige Markgraf eine nur einigermaßen praktischere realere Politik ge- 
trieben, ja hätte er überhaupt einen wirklich weit ausschauenden staats- 
männischen Blick gehabt, so wäre Meißen und alles, was an diesem 
Kristallisationspunkt sich angliederte, einer vollständig anderen Entwickelung 
entgegengegangen; würde der so eminent erstarkte Wettinsche Besitz dem 
Lande und dem Fürstenhause eine ganz andere Rolle zugebracht haben, als 
es geschehen ist. Meißen hätte nicht nur ein fester Kern, sondern der feste 
Kern für ganz Deutschland, mindestens für Mitteldeutschland, werden müssen. 
Als starke deutsche Vormacht gegen Böhmen und Polen, ja in weiterer Aus- 
dehnung gegen die Türken, hätte ein ungebrochener Machtfaktor des Hauses 
Wettin für sehr viele Sachen von historischer Wichtigkeit das Zünglein der 
Wage werden können, werden müssen. Haben solche Betrachtungen auch 
keinen praktischen Wert, weil und wenn sie mehrere Jahrhunderte post festum 
angestellt werden, so kann man ihnen doch immerhin einen inneren Wert 
wohl kaum absprechen. Lehrreiche Tatsachen positiver wie negativer Natur, 
die einer ganzen Epoche den Stempel aufdrücken, dem Werden der Zukunft 
vorarbeitend, können nicht genügend auch von später Lebenden auf ihren 
Wert, ihren Unwert, ihren Einfluß hin betrachtet werden. Allen Kombinationen 
des „Menschen, der das Wenn und das Aber erdacht“, besonders aber 
allen Aussichten für die politische Größe seines Hauses, machte ein einziger 
Schritt Heinrichs des Erlauchten ein Ende — eine Teilung. 
10) Ganz abgesehen von den vielen und ausgesuchten Genüssen jeglicher Art, welche 
von der Schönheit und Mannigfaltigkeit der ganzen Veranstaltung geboten wurden, an 
der die aus fernsten Landen Geladenen sich ergötzen konnten, wird von einem neben den 
Schranken stehenden, aus getriebenem Silber kunstvoll gefertigten herrlich verzweigten Baume 
berichtet, dessen silberne Blätter und goldenen Früchte, von zarten Händen gereicht, die 
Preise für die Sieger bildeten. Materiell kostbarer ist hier unzweifelhaft der „Turnier= 
Dank“ gewesen, als bei jenem Turnei, von dem Titurel redet. Bei diesem bildeten nämlich 
den — ethisch freilich unbezahlbaren — Preis ein Kranz blühender Rosen samt den Küssen 
von achtzig der holdesten und anmutigsten Jungfrauen des Landes.
	        
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