Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Im Gegenteil ist mare oder March (marcher — marschieren, guten Schritt 
haben) ein altehrwürdiges Wort und bezeichnete auch die in den heiligen 
Hainen gehaltenen, den Göttern geheiligten Pferde, während Gaul, oder 
eigentlich Caul die Verdeutschung von Cavallus ist. Auch ein Klepper 
war durchaus kein schlechtes Pferd, nur war es nicht kunstgerecht zugeritten, 
so daß es mit den Hufen klappte. Und Gurre, Curre kommt von currere, 
rennen, war also ein leichtfüßiges Kurierpferd. Hess oder Hez das leicht— 
füßige Fohlen, welches ohne Überlegung springt und hetzt. (Daher „blinder 
Hesse"). 2 
Gutes und tüchtiges Pferdematerial lieferte im frühen Mittelalter ein 
jedes Land. Als besonders schön und mit den vorzüglichsten Eigenschaften 
ausgestattet galten aber schon damals die Rosse der kastilisch-spanischen Rasse, 
die schon damals mit arabischem Blut durchsetzt waren — dem Edelsten, was 
es unwidersprochen im Bezug hierauf überhaupt jemals gegeben hat. 
Die Pferde aus Friesland, Ungarn und der Türkei traten als hervor- 
ragend begehrenswert hinzu. Und in der Tat bildete ein mittelalterliches 
Roß das Urbild von Schönheit, Gewandtheit und Kraft. Die heutigen, oft 
bis zur Karikatur und Unnatur dürren, spinnenähnlichen englischen Renner 
waren noch nicht „erfunden". Auch das angelsächsische Roß mußte stark- 
knochig und starknervig sein, wie dessen Ahnen Hengest und Horsa. 
Diese beiden Figuren, die man lange Zeit für die Heerkönige der 
Angeln und Sachsen gehalten hat, welche im 5. Jahrhunderte von Jütland 
aus nach Britannien zogen, scheinen weniger menschliche Personen als viel- 
mehr heilige Rosse gewesen zu sein (ein hengest und ein ors). In feier- 
licher Weise werden sie — so dürfte man etwa annehmen — den Heerzug 
eröffnet haben, die Gottheit, der sie geheiligt waren, ebenso versinnbildlichend 
wie heutigen Tages noch die Fahne mit seinem Wappen die Person des 
Kriegsherrn. Unterstützt wird diese Annahme (die auch Jähns teilt) durch 
die Tatsache, daß es z. B. in Persien von alters her Sitte gewesen ist, 
zwei der Sonne geheiligte Pferde an der Spitze des Heerzuges, gefolgt vom 
Könige, zu führen. 
Die Gangarten im ritterlichen Mittelalter waren Stapfes, trapfes, 
wWalapp und rapiene. Und wem tönte nicht bei dem bloßen Klange des 
Wortes Stapfes das Stapfen und Stampfen der schweren Hufe auf den 
Eichenbohlen der Zugbrücken in die Ohren? Als Schlacht= und Turnier-Rosse 
wurden ausnahmslos Hengste geritten. Mähne und Schweif, über deren 
22) Erinnert nicht das arabische Wort fars und farz (d. h. Stute) an feredus, sowie 
hissan und hassan (d. h. Hengst), an Hez und hezzen sowie den schnellenteilenden Hasen? 
Das unvermischte arabische Vollblutpferd im allgemeinen heißt Atik. Wie dasselbe verehrt 
wird, geht schon daraus hervor, daß die Orientalen den Begriff von Hoheit und Macht in 
„Roßschweife“ umsetzen. Ein Atik ist so edel und steht in so nahen Beziehungen zu Allah 
selbst, daß der Teufel kein Zelt oder Haus zu betreten wagt, in oder an dem ein Atik sich 
befindet.
	        
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