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bare, traurige Begleiterscheinung der körperlichen Schmerzen und Qualen
waren. Alles dies äußerte sich aber in elementarster Form, je näher die
Menschen der Natur standen, und gelangte oft in der erschütterndsten Weise
zum Ausdruck. Dieses Wehklagen, Jammern und Schreien scheint trotz der
ganz unbestritten vorhandenen, ja meist sogar tollkühnen verwegendsten und
aufopferndsten Tapferkeit arg gewesen zu sein. Durch möglichst lärmendes
und betäubendes Geräusch, noch außer dem Toben der Bewegungen, dem
Tosen der Waffen und dem Gellen des Kriegsschreies mußte versucht werden,
es zu übertönen. Noch herrschte eben nicht die Disziplin, welche auch in
dieser Beziehung die Heere neuerer Zeiten beseelt, noch konnte nicht ein
Friedrich II. einem durch die Brust Geschossenen, der vor seinen Füßen im
Todeskampfe rang, die herben Worte zurufen: „Junker, sterbe Er ruhig!“
Zum Unterschied von der betäubenden Schlachtmusik, die auf Schönheit
oder gar Lieblichkeit keinen Anspruch machte, gab es selbstverständlich und
wie schon kurz angedeutet worden, an „Ohrenschmaus“ zweierlei, ganz wie
jetzt: eine Art Konzertmusik zum Aufspielen und zum Heben der Feststimmung
bei Feierlichkeiten, sowie (um mit einem modernen Worte zu reden) die
Märsche der Truppen — damals ganz bezeichnend „Reisenoten“ genannt.
An ihren Klängen hatten auch die Rosse ihr Vergnügen, sie gingen gewisser—
maßen gehobener, ganz wie dies noch heute bei jeder Kavallerie beobachtet
werden kann. So besagt z. B. eine Stelle im „Frauendienst“: „Floituren
und tambuire gruozten die recken“ (Flöten und Trommeln grüßten die
Recken), Daz begunde die ors wecken, daz sie mit sprüngen giengen
(Das begann den Mut der Rosse zu wecken usw.), Den muot sie ge-
wiengen von der suezen reisenote.
Der Löwe, der auf Waffenrock, Fanfarenbehänge und Fähnlein, auf
Schild und Helm der ersten Gruppe des Zuges vorkommt, muß mehr als
das damals allbeliebte (und noch heute als solches anerkannte) Sinnbild
von Stärke, Edelmut und Tapferkeit angesehen werden, wie als ein bestimmtes
heraldisches Wappenzeichen, denn der Löwe ist in das Gesamtwappen der
Wettiner erst durch das Landgrafentum Thüringen gekommen. Wohl aber
bietet gerade die Figur des Löwen hier ein beachtenswertes Beispiel über
die Stellung der heraldischen Figuren überhaupt.2)
25) Diese Stellung oder Wendung richtet sich nämlich je nach dem Zwecke wie nach
der Situation. Eine jede heraldische Figur ist nach Maßgabe des Grundsatzes beweglich,
daß der Gegner, resp. der gegenüberstehende Freund, ins Auge gefaßt und angesehen werden
soll. In Ermangelung eines zu ehrenden Gegenübers wird grundsätzlich die rechte Seite
des Schildes als diejenige angenommen, nach welcher die Figuren des Schildes sich zu
wenden haben. Dieselben blicken also nach dem Schwertarm des Trägers, beziehentlich nach
dem, der vom Schwerte getroffen, resp. dem, vor dem das Schwert gesenkt werden soll.
Modern ausgedrückt: „Augen rechts.“ Aus diesem heraldischen Grundsatze heraus schreiten
auch die Wappentiere oder wenden sich die Schildfiguren auf dem Fahnentuche nach dem
als Lanze oder Speer geltenden Fahnenschafte.
Nun wendet sich aber der Löwe des ersten Wappenschildes auf der untern Friesborde
doch nicht nach rechts dem zu begegnenden Feinde oder Freunde entgegen, das macht, weil