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und der Wartburg; somit doch wieder festen Fuß auf dem Gebiete ihrer
Vorfahren fassend, das man sich bemühte, ihnen zu entreißen.
Aus der sagenumwobenen Wartburg führte Friedrich der Gebissene,
dessen unglückliche Mutter einst vor der Mordgier ihres Gatten, seines
Vaters, von dieser selben Veste aus in die finstere Nacht hinein hatte fliehen
müssen, jetzt seine Gemahlin Elisabeth von Arnshaugke?) und das ihm von
derselben geborene Töchterchen ebenfalls nächtlicherweile, auf versteckten
heimlichen Waldwegen durch die Kette der Belagerer hindurch, zur Taufe
nach Reinhardsbrunn. Die rührende Episode, wie der Vater mit den
wenigen, ihn begleitenden Rittern sich als eherne Mauer um den kleinen
Säugling stellen, inmitten eiliger Flucht und rings umgeben von Feinden,
dem Kinde ermöglichend zu trinken „und sollte das ganze Thüringer Land
verloren gehen“", wird — im Bilde verherrlicht — wohl einem jeden
Wartburgbesucher in lebhafter Erinnerung sein.
Weil Friedrich und Diezmann von ihrem unnatürlichen Vater geradezu
der Willkür des nach Ausbreitung seiner Hausmacht strebenden Königs
Albrecht 28) preisgegeben, gegen dessen Pläne sich auflehnten, die sie zu ver-
nichten trachteten, wurden beide 1306 in des Reiches Acht erklärt. Die-
selbe an ihnen zu vollstrecken, ward Burggraf Friedrich von Nürnberg mit
Heeresmacht gegen diese Wettiner ausgesandt.
Zwischen Leipzig und Altenburg, bei Lucka, kam es am 31. Mai 1307
zur entscheidenden blutigen Schlacht.250) Die Brüder siegten, und allmählich,
durch günstige Ereignisse unterstützt, stieg ihrem Hause die Sonne wieder
auf. Thüringen, Meißen und Pleißen wurden wieder von ihnen übernommen;
und durch den Tod Diezmannso) ward Friedrich alleiniger Herr dieser
27) In erster Ehe war Friedrich mit Agnes von Kärnthen vermählt gewesen, in
zweiter Ehe mit Elisabeth von Arnshaugk; der Tochter erster Ehe seiner Stiefmutter.
Nach dem Tode Kunigundes von Eisenberg nämlich, welche schließlich vom Markgraf
Albrecht geheiratet worden war, hatte derselbe sich mit der verwitweten Elisabeth von
Arnshaugk, einer geborenen Gräfin von Reuß-Plauen, vermählt.
28) Albrecht, der Sohn Rudolfs von Habsburg, war von seinem Vater „für sich und
seine Erben“ mit Österreich und Steiermark belehnt worden, mußte bei der Königswahl erst
seinem Mitbewerber Adolf von Nassau weichen, als dessen Gegenkönig er auftrat. Als
jener von ihm besiegt worden war, kam Albrecht endgültig auf den Thron.
290) „Heute wappne ich mich mit Helm und Schild von Meißen und Ostland, oder
sonst niemals mehr“ hatte Markgraf Friedrich am Morgen der Schlacht ausgerufen; ent-
schlossen, bis zum äußersten zu kämpfen. Der Sieg war aber ein vollständiger und die
Niederlage des Nürnbergers eine ungeheuerliche. Dreitausendsechshundert von dessen Mann-
schaft blieben tot auf dem Platze und der Schrecken, den die Meißner verbreiteten, welche
keinen Pardon gaben, war ein derartiger, daß — wie die Chronisten melden — viele ihre
Pferde niederstießen, deren Bäuche aufschnitten und sich in ihnen verkrochen. „Es wird
Dir glücken wie den Schwaben bei Lücken“ wurde zur volkstümlichen Redensart, wenn
jemandem etwas Schlechtes vorhergesagt werden sollte.
30) Der berühmte Florentiner Dante Alighieri, mit dessen unsterblichen Werken ein
halbes Jahrtausend später ein edeler Wettiner, der gelehrte König Johann sich so an-
gelegentlich beschäftigt hat, tritt hier in ganz direkter Beziehung zum Wettinschen Fürstenhause
auf, indem derselbe — damals von seinem Vaterlande flüchtig und im Meißnischen sich