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mit den Götzen des Tages, mit den Organen des Pessimismus und Mate—
rialismus und des in schnöder Weise auf die Spitze getriebenen Nützlich—
keitsprinzips nicht scheuenden, von Ideen getragenen männlich-stolzen und
dabei frohgemuten Sinnesart und ist noch immer unvereinbar mit allem,
was das Brandmal der Untreue und Vaterlandslosigkeit an sich trägt.“
Ja, die hehre Idee des wahren christlichen Rittertums, aus Tapferkeit,
Vaterlandsliebe und Gottesfurcht geboren, ist nicht untergegangen; sie lebt
noch heute und wird so lange Bestand haben, als jener Dreiklang kein hohler
Schall ist — in Deutschland also hoffentlich für immer. Wie zu den Zeiten
der Sachsen und Staufen der Berufsstand der zur Verteidigung des Vater-
landes, der Unschuld und der Ehre Verpflichteten zum Geburtsstande wurde,
Rittertum und Adel sich praktisch entwickelte, so zieht zur Zeit der Zollern
dieser Stand die Grenze ethischer Zugehörigkeit um das edelgesinnte Volk
in Waffen. In diesem Sinne der Ethik und des Idealismus „adelt die
Schärpe“.
Um nun auf die Zustände der Zeiten Friedrichs des Ernsthaften zurück-
zukommen, in denen manch eine Ausartung des Ritterwesens stattgefunden
hat, so möchte doch und dennoch darauf hingewiesen sein, daß das Unwesen
der Wegelagerung und der Stegreifräuberei bei weitem nicht derartig all-
gemein und an der Tagesordnung gewesen ist, wie die geschworenen Feinde
des Feudalismus und des „finsteren Mittelalters“, in dem Bestreben „agruselig
zu machen“ und die „Junker“ an den Pranger zu bringen, darzustellen
belieben. Selbstverständlich wird und muß jenes Unwesen da, wo es vor-
gekommen ist, rücksichtslos der Verdammung preisgegeben werden, aber man
darf auch nicht vergessen, daß dem unglückseligen Faustrecht eine Art Mil-
derungsgrund immerhin in der, wenn auch freilich auf eine schiefe Ebene
gelangten, Auffassung des uralten Fehderechtes der freien Germanen zu-
gebilligt werden kann. Unzweifelhaft haben jene Ausschreitungen schwere
Makel auf den Schild des Adels geladen; aber selbst Gustav Freytag erkennt
an, daß die Inbetrachtziehung eben jenes Rechtes, Fehde anzusagen, geeignet
sei, manches Vorkommnis jener Zeit anders zu beurteilen, als es auf den
ersten Blick scheine. Er hebt weiter hervor, daß das Recht der Fehde nach
volksmäßiger Auffassung jedem freistand, der überhaupt sich selbst Recht
fordern durfte — für den Unfreien der Herr. Wo aber das beliebte
Schlagwort „Reiten und Rauben ist keine Schande, das tun die Besten im
Lande“ wirklich in seiner ganzen Schroffheit zur Ausführung gelangt ist,
soll, darf und wird es natürlich niemals entschuldigt werden. Übrigens
möchte hier — wenn auch vom Faustrecht nur indirekt die Rede ist — ein
Ausspruch des Historikers Böttiger Platz finden: „Das Faustrecht hatte doch
eine gute Folge in seiner, freilich unbeabsichtigten, Beförderung des städtischen
Flors. Eine entferntere könnte vielleicht in der Fernhaltung des römischen
Rechtes gesucht werden."
Eine Folge dieser ernst= und gewissenhaften Auffassung seiner Menschen-,
Christen= und Fürsten-Pflichten war Friedrichs energisches Auftreten gegen