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endlich ein, doch die Streitigkeit mit Kur-Brandenburg wegen der Nieder—
lausitz bildete noch immer, wie man zu sagen pflegt, einen wunden Punkt.
Die neueste Wandlung in dieser Sache bestand darin, daß dieses Landgebiet,
welches von König Sigismund an die Herren von Polenz verpfändet worden
war — welche daraufhin den Titel Landvögte erhalten hatten —, sich aufs
neue in Brandenburgischen Händen befand.
Auf dem Gemälde des Fürstenzuges reitet Friedrich der Sanftmütige
inmitten seiner Söhne Ernst und Albert. Die Geschichte des Raubes
dieser beiden Prinzen seitens des Ritters Kunz von Kauffungen und die Be—
freiung derselben durch den Kohlenbrenner Georg Schmidt wird von letzterem
(der seine Waffe, den Schürbaum, triumphierend in der Hand hält) seinen Be—
gleitern erzählt. Konrad von Kauffungen (Kunz ist die landläufige Abkürzung
dieses Vornamens), des Kurfürsten Hofmarschall und Schloßhauptmann, ein
erfahrener Krieger und angesehener Ritter, hatte sich jederzeit durch Klug—
heit und Geschicklichkeit hervorgetan. Ebenso wie seine übrigen Standes-
genossen hatte auch er, als getreuer Vasall, Blut und Gut im Dienste seines
Herrn nicht gescheut. Abgesehen von anderem beträchtlichen Schaden an
Rossen, Waffen und Mannschaft sowie der Tatsache, daß er ein hohes Löse-
geld hatte zahlen müssen, um aus der Gefangenschaft zu kommen, in die er,
zusammen mit dem Feldobersten Niklas Pflugk, vor Gera geraten war,
waren, gleich so manchen anderen Burgen der treu aushaltenden ritterlichen
Lehensleute, auch Kauffungens Besitzungen durch den Krieg vollständig ver-
wüstet, so daß der Kurfürst ihm bis zur Wiederaufrichtung der betreffenden
Burgen und Häuser die Schlösser Kriebstein und Schweikershain einräumte.
Dieselben ohne Gegenleistung einer höheren, als vom Kurfürsten angesetzten
Summe wieder herauszugeben, weigerte sich indessen der von Kauffungen
und, ohne den Spruch eines in dieser Frage eingesetzten Schiedsgerichtes
abzuwarten, beschloß er, durch ein gewaltsames Mittel seinen Landesherrn
zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Mit Beihilfe der Herren von Schönfels,
von Mosen und von Schweinitz, sowie des ebenfalls verräterischen Küchen-
jungen Hans Schwalbe, welcher durch eine herabgelassene Strickleiter den
Aufstieg und das Herabkommen ermöglichte, raubte Kunz die beiden Söhne
des Kurfürsten aus dem Schlosse zu Altenburg. Seine Kaltblütigkeit war
so groß, daß er ruhig den Aufstieg noch einmal vollzog, um den jungen Grafen
von Barby, der in der Eile mit dem zwölfjährigen Prinzen Albert ver-
wechselt worden war, gegen diesen auszutauschen. Dieser Prinz wurde durch
den wackeren Köhler Georg Schmidt befreit, der den, nach scharfem Ritt
im Walde lagernden Kauffungen und seinen Knappen mit dem Schürbaum
arg zusetzte; und Prinz Ernst ward von den Genossen des Raubes späterhin
freiwillig ausgeliefert. Selbstverständlich hat sich Kunz von Kauffungen
durch Ausübung dieses Bubenstückes ins Unrecht versetzt und es kann und
soll das nicht beschönigt werden. Er büßte seinen Frevel dadurch, daß ihm
auf dem Marktplatze zu Freiberg der Kopf abgeschlagen wurde. Ein ge-
meiner Räuber im gewöhnlichen Sinne eines „Schinderhannes“ ist er aber,