Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

— 73 — 
bildlichen Lebenswandel von deren Hirten — der Geistlichkeit „hoch wie 
niedrig" — gegründet sei, schritt Herzog Georg, von aufrichtiger Frömmigkeit 
getrieben, zu einer Visitation und Reformierung der Klöster in seinen Landen, 
lange bevor Luther, als geistiges und geistliches Oberhaupt der Evangelischen, 
dies im protestantischen Sinne zu tun anregen konnte.“) Zu diesem Zwecke 
hatte dieser, der Kirche und dem Glauben so innig zugetane, Herzog, um an 
seinem Teile deren Bestes fördern zu helfen, in jenen Zeiten religiöser Wirren, 
sich selbst zum Oberhirten weltlicher Art seines von Gott ihm zur Verwaltung 
und Regierung anvertrauten Gebietes zum Summ-Episkopus gemacht. 
Mit Andacht hörte Herzog Georg die Predigten des evangelisch gesinnten 
Kroßner, den er ausdrücklich deshalb als Hofkaplan nach Dresden berufen 
hatte, um das lautere Evangelium zu hören. Diesem Geistlichen erklärte 
der Herzog, das Evangelium könne er gar wohl leiden, nur die Ungeschicklich- 
keiten seien es, die er nicht vertragen könne. Auch gab Herzog Georg die 
weitere Erklärung, er sei bereit, den Genuß des heiligen Abendmahles unter 
beiderlei Gestalt (als der heiligen Schrift entsprechend) zu gestatten, so wie 
der Papst es genehmigen würde. So grundlegende Schritte gewissermaßen 
„auf eigene Faust“ zu tun und am Papsttume zu rütteln, ließ Georgs 
Autoritätsgefühl nicht zu, obwohl gerade das Studium der Bibel ihn hätte 
dazu führen müssen, „Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“. Tradition 
und Konservatismus bilden eben doch eine große Macht, auch sonst als richtig 
anerkannten Überlegungen gegenüber. Es darf dem echt deut schen Fürsten, 
als welchen sich Herzog Georg allezeit bewährt hat, nicht vergessen werden, 
mit welcher Hoheit er dem König Heinrich VIII. von England Antwort 
gab auf dessen Rat, Luthern durch heimliche Ermordung beiseite bringen zu 
lassen, „um des Unruhestifters ledig zu sein“. Die ruhige, aber doch im 
Inneren Zorn sprühende Zurückweisung dieses Ansinnens muß um so höher 
4%) Dem Papste schlug Herzog Georg als einen Ausweg gegen die drohende Gefahr, 
Spaltungen in der Kirche einreißen zu lassen, vor, eine Kommission aufrichtig frommer, 
also für das Heil ihrer Seelen wie für das Wohl von Kirche und Staat gleich redlich be- 
sorgter Männer einzuberufen, um die vorhandenen Mißbräuche festzustellen, deren Abstellung 
entschieden nötig sei. Darauf müsse dann ein Konzil einberufen werden, um reformierende 
Bestimmungen zu erlassen und die Ungehorsamen zu den Ordnungen der Kirche zurück zu 
führen. Notwendig sei hierbei, daß Papst und Kaiser, kirchliche und weltliche Obergewalt, 
sich hierzu strengstens verbinden und Hand in Hand vorgehen müssen. Freilich müsse der 
Papst im Reformieren und Abstellen von Mißbräuchen und Argernissen bei seiner eigenen 
Hofhaltung den Anfang machen. Dies zu tun, hatte aber Leo X. weder Lust noch Sinn. 
Und so unterblieb das, was Herzog Georg und mit ihm Tausende der Besten seiner Zeit 
und früherer wie späterer Jahrhunderte, als das einzige Mittel erkannten, Wandel zu 
schaffen, ohne eine Spaltung herbeizuführen: eine Reformation von oben. Männer, wie der 
sittenstrenge Kardinal Sadolet bestätigen dies. Wenn diese Reformation auch nicht ganz im 
Sinne Luthers gewesen wäre und insonderheit die Lehre nicht derartig wesentlich umgestaltet 
haben würde, so hätte doch, unter Zugrundelegung von Luthers Thesen und Forderungen, 
die einer so eminent großen Anhängerschaft sicher waren, bei gegenseitigem wohlwollenden 
Entgegenkommen gewiß auch Weiteres sich erreichen lassen können. An dem damaligen 
Bischof von Meißen und vielen, sehr vielen Einsichtigen würde die Bewegung eifrige Helfer 
gesunden haben. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.