Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

120 
den Charakter eines Tausches noch den eines Kaufes haben, 
die vielmehr rein und ausschliesslich auf politische Beweg- 
gründe zurückzuführen sind. In einigen seltenen Fällen 
liesse sich etwa der Gesichtspunkt der Schenkung geltend 
machen, wie z. B. gegenüber der Abtretung der Jonischen 
Inseln seitens Grossbritanniens an Griechenland 1863. Einen 
andern Charakter hat dagegen die als Preis für die politische 
und militärische Unterstützung im Kampfe gegen Csterreich 
im Turiner Vertrag vom 24. März 1860 stipulierte Abtretung 
von Nizza und Savoyen an Frankreich. 
Die bei weitem häufigsten Gebietszessionen sind zu allen 
Zeiten die in Friedensschlüssen vereinbarten gewesen, 
durch welche ein im Kriege besiegter Staat, ausser stande 
seine Integritüät länger zu verteidigen, einen Teil seines Ge- 
biets an den Sieger oder mit dessen Willen an einen dritten 
Staat abtritt, um sich dadurch den Frieden und die Erhaltung 
Seiner übrigen Besitzungen zu erkaufen. Der Gebietserwerb 
beruht in diesem Falle nicht, wie häufig gelehrt wird, 
auf einem besonderen Rechtstitel der Eroberung, sondern 
lediglich auf dem Friedensvertrag, in welchem sowohl der Ab- 
tretungswille des Zedenten, als der Erwerbswille des Zessionars 
zum Ausdruck gelangen. Ein solcher Vertrag ist ohne jeden 
Zweifel ein völkerrechtlich giltiger, wenn auch der abtretende 
Staat in seiner Willensbestimmung nicht frei war, sondern 
unter dem Drucke äusseren Zwaunges handelte.1) Es gilt 
1) Vergl. Bluntschli § 408: „Es wird angenommen, die Willens- 
freiheit des Staates sci nicht aufgehoben, wenn glcich der Staat in seiner
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.