Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

123 
funden hatten.i) Darnach war der besiegte Feind vollständig 
rechtlos; weder die Rechte des feindlichen Staates noch die 
seiner Unterthanen fanden irgendwelche Anerkennung von- 
sciten des Siegers. Die im Eigentum des feindlichen Staates 
oder seiner Angehörigen stehenden Güter, bewegliche wie 
unbewegliche, wurden als herrenlos betrachtet. Sie zählten 
zu den res nullius, wie die Vögel in der Luft und die Fische 
im Meere, an denen Jedermann durch Okkupation Eigen- 
tum erwerben konnte.:) Diese Anschauung des römischen 
bestehenden Staat gegenüber zulässt und zu demselben auch den Erwerb 
durch einen Friedensvertrag auf Grund des uti possidetis rechnet. 
Während aber Hall in einem derartigen Friedensvertrag nur eine An- 
erkennung des bereits durch conquest begründeten Gebietserwerbs sieht, 
bildet in Wahrheit in solchem Falle der Vertrag den einzigen Rechts- 
grund des Erwerbs, welcher somit unter den Gesichtspunkt der Zession 
fällt. Ganz verlehlt ist die Auffassung von Travers Twiss, welcher 
den Erwerb durch debcllatio auf eine „in direct cession“, d. h. einen 
stillschweigenden Abtretungsvertrag, zurückführt (Law of Nations I. 
p. 226 fl.). 
1) Uber die rechtliche Stellung und Behandlung eroberter Gebiete 
nach römischem Recht vergl. bes. Tartarin, Traité de l’occupation 
(Paris 1873), S. 41fr. 
2h Vergl. z. B. L. 1, 5 1 D. de adquir. v. amitt. poss. 41. 2: „Do- 
minium rerum ex naturali posscssione coepisse Nerva fllius ait einsque 
rei vestigium remanere in his, qune terra mari caeloque cCapiuntur: nam 
haec protinus eorum fiunt, qui primi possessionem eorum adprehenderint. 
item bello capta . .. eius fiunt, qui primus eorum possessionem 
nactus est.“ Ebenso Gaius in L. 5. § 7. D. de adquir. rer. dom. 41. 1: 
„Item quae ex hostibus capiuntur, iure gentium statim capientium fiunt.“ 
Ja sogar „maxime sua esse credebant dune ex hostibus Cepissent“ 
(Gaius IV. 16). 
Schon Aristoteles (Pol. I. c. 8) hatte die Kriegseroberung als 
eine natürliche Erwerbsurt bezcichnet (nols##n## ost ury#######) und 
dieses Recht auf eine allgemeine stillschweigende Ubereinstimmung zu- 
rückgeführt. Vergl. auch Nenophon, Kyrop. VII. 5. § 26 und Plato, 
Leg. 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.