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nern ist nicht nur machtlos, sondern eigentlich staatenlos,
d. h. im Völkerrechtlichen Sinne herrenlos. Als herrenloses
Gebiet fällt es unter die Gebietshoheit des ersten Okkupanten.
Dieser ist im vorliegenden Falle der Sieger, der im selben
Augenblicke, in dem das Gebiet staatenlos geworden ist.
Seinerseits die Okkupation desselben vollendet und damit die
Gebietshoheit erworben hat. Auch in diesem Falle verwandelt
Sich die blos faktische und provisorische Kriegsokkupation in
definitive, rechtlich begründete Gebietshoheit. Der Rechtsgrund,
auf welchem dieselbe ruht, ist der der Okkupation. Wir
haben es also auch nach moderner Staatsauffassung
im Falle der debellatio nicht mit einem besonderen
Erwerbsgrunde der Gebietshoheit zu thun, sondern
nur mit einer eigentümlich gestalteten Unterart der
Okkupation.
Dies ist der eigentliche rechtliche Charakter des auf dem
Wege der debellatio vollzogenen einseitigen Erwerbs der Ge-
bietshoheit. Das positive Völkerrecht hat die Rechtmässig-
keit und Wirksamkeit eines derartigen Erwerbs zu allen
Zeiten anerkannt. Wenn jedoch das Recht ein solches Re-
sultat des Krieges anerkennt, so billigt es doch nicht, dass
ein Krieg lediglich zum Zwecke der Herbeiführung desselben
unternommen werde. Der völkerrechtlich anerkannte
Krieg muss ein gerechter Krieg sein. Gerecht ist aber nur
der Krieg, welcher aus einer rechtmässigen Ursache unter-
nommen wird. Eine solche liegt vor, wenn sich der Krieg als
das einzig mögliche Mittel der Verwirklichung eines eigenen