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zu einem neuen staatlichen Organismus verbindet. Es
ist dies die in neuerer Zeit bäufige Form nationaler Staatenbil-
dung. Zur Erreichung des erstrebten Zweckes kann man sich mit
einer rein völkerrechtlichen Verbindung begnügen; dann bleibt
die Gebietshoheit der einzelnen Staaten unveründert bestehen.
Oder die einzelnen bis dahin selbständigen Staaten vereinigen
sich unter Aufgabe ihrer Selbständigkeit zu einem neuen
staatsrechtlichen Organismus, sei es nun ein Bundesstaat
oder ein Einheitsstaat. In diesem Falle kann auch nicht von
einem Erwerbe, sondern nur von einer mit der des neuen
Staates selbst zusammenfallenden Entstehung der Gebiets-
hoheit die Rede sein.
Es ist aber endlich auch der Fall möglich, dass ein Staat
seiner Bestimmung dadurch am besten zu entsprechen glaubt,
dass er sich einem anderen, mächtigeren Staate unter-
wirft. Hier entsteht, völkerrechtlich betrachtet, kein neuer
Staat und keine neue Gebietshoheit: der erwerbende Staat
verliert seinerseits nicht seine rechtliche Identität und seine
ursprüngliche Souverünetüt, sondern dies ist nur bei dem sich
unterwerfenden Staat der Fall, dessen Souveränetät und Ge-
bietshoheit in der des erwerbenden Staates aufgehen. Die
Beispiele von solchen freiwilligen Unterwerfungen eines Staates
unter die Hoheit eines andern sind auch in der neueren Ge-
schichte nicht sclten. Es gehören dahin u. a. die Unterwerkf-
ung des IIerzogtums Kurland unter die russische Herrschaft
im Jahre 1795, die Abtretung der hohenzollernv'schen Fürsten-
tümer an Preussen 1849, und endlich die nach erfolgreicher