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dieser Lehre musste demnach in einer streng folgerichtigen
Konstruktion des Gebietserwerbs mit reinen Begriffen des
öffentlichen Rechts gesucht werden. Zu einer derartigen rein
öffentlichrechtlichen Behandlung finden sich in der völker-
rechtlichen Litteratur zwar hier und dort einzelne Ansätze;
allein nirgends ist dieselbe bisher auf dem gesamten Gebiet
dieser Lehre konsequent durchgeführt worden.
Wenn wir uns nun ursprünglich bloss die Aufgabe gestellt
hatten, die in der neuesten Entwicklung kolonialen Gebiets-
erwerbs im Vordergrund stehenden Rechtsformen der Okku-
pation und des sog. Protektorats einer näheren Betrachtung
vom Standpunkt des Völkerrechts zu unterziehen, so sahen
wir uns doch alsbald genötigt, um für diese Untersuchungen
eine sichere Grundlage zu gewinnen, die Arbeit nach zwei
verschiedenen Seiten hin auszudehnen. Um zu einer klaren
Erkenntnis einer bestimmten Art des Erwerbs der Gebiets-
hoheit zu gelangen, war es zunächst unumgänglich, den ur-
Sprünglich staatsrechtlichen Begriff der Gebietshoheit genau
festzustellen und denselben sowohl in die richtige Beziehung
zu dem gleichfalls staatsrechtlichen Souveränetätsbegriff zu
setzen, wie andrerseits von dem privatrechtlichen Eigentum
scharf abzugrenzen. Diese Arbeit fällt eigentlich dem Staats-
rechte zu, und eine völkerrechtliche Untersuchung könnte, ja
Sollte sogar sich darauf beschränken, jenem die fertigen Be-
griffe zu entnehmen und nur erforderlichenfalls die Modi-
fikationen hervorzuheben, denen der ursprünglich staatsrecht-
liche Begriff durch seinen Eintritt in die völkerrechtliche