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nisse auch ohne eine bestimmte positive Rechtsvorschrift
konstatiert werden könnte, 8o kann doch die Zeitbestimmung
nur durch ausdrückliche Festsetzung geschaffen werden.
Eine solche Zeitbestimmung könnte sebr wohl auch für das
Völkerrecht durch Vertrag oder Herkommen normiert werden,
und es wäre vielleicht sehr wünschenswert, dass dies ge-
schähe. In Wirklichkeit aber hat weder je eine derartige
Festsetzung stattgefunden, noch ist überhaupt das Institut
der Ersitzung in irgend einer Form in das positive euro-
päische Völkerrecht ausgenommen worden. Ohne eine solche
Spezielle Aufnahme kann aber von einer analogen Anwendung
des römischen Rechts schon aus dem Grunde nicht die Rede
sein, weil auch dieses die Ersitzung nicht als einen allge-
meinen Erwerbstitel auffasst, sondern ihre Geltung auf den
Erwerb von Eigentum und dinglichen Rechten beschränkt.
Beim völkerrechtlichen Gebietscrwerb handelt es sich aber
nicht um Eigentum. So ist denn in neuerer Zeit die Un-
möglichkeit der Anwendung der eigentlichen usu-
capio und praescriptio auch in der Thcexorie der Sache
nach anerkannt, wenn auch die Ausdrücke selbst noch in
manchen Schriften weitergeschleppt werden und die Ver-
wirrung vermebren helfen.
Die meisten Schriftsteller haben nun zur Erklärung der
unleugbaren Thatsache, dass auch das Völkerrecht den alten,
gefestigten Staatenbesitz ohne Rücksicht auf dessen ursprüng-
lichen Erwerbstitel sanktioniert, den Begriff der sog. unvor-
denklichen Verjährung herangezogen. Diese praescriptio