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kerrecht begnügt sich indes unter Umständen mit einer noch
kürzeren Frist; denn nicht auf die Dauer als solche kommt es
an, sondern auf die im Laufe und unter dem Einflusse der Zeit
Sich vollziehende Befestigung der Verhältnisse, die bald
früher bald später als eingetreten betrachtet werden kann.
Während die unvordenkliche Verjährung ferner auf der Ver-
mutung eines vorhandenen Rechtstitels beruht, und der gute
Glaube bei ihr gewissermassen selbstverständlich ist, so ge-
währt das Völkerrecht seine nachträgliche Anerkennung auch
in Fällen, wo der Besitz nachweislich nicht auf einem Rechts-
titel, sondern auf einer Widerrechtlichkeit beruht, auch wenn
der Besitzer sich dessen wohl bewusst ist. Es genügt, in
dieser Beziehung an die auf der Teilung Polens beruhenden
Gebietserwerbungen zu erinnern, die trotz ihres allgemein als
widerrechtlich anerkannten Ursprungs doch schon vor Ablauf
auch nur eines Menschenalters die völkerrechtliche Sanktion
erhalten hatten.
Nein, die Rechtmässigkeit des thatsächlich be-
festigten Staatenbesitzes beruht überhaupt nicht auf
einer der privatrechtlichen analogen Verjährung,
weder auf einer bestimmten, noch auf einer unvor-
denklichen; sie gründet sich vielmehr einzig und
allein auf den spezifisch Völkerrechtlichen Rechts-
grund der internationalen Anerkennung. Diese kann
ausdrücklich geschchen; sie wird aber meist stillschweigend,
durch staatliche Willensäusserungen erfolgen, welche dieselbe
voraussetzen. Sie wird jedem Besitz zu Teil, der sich dem