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andere Funktion hat, als im Staatsrecht, sSo muss der Begrift
Selbst doch in beiden Rechtsgebieten der gleiche sein.
Welches ist nun aber der moderne staatsrechtliche
Begriff der Gebietshoheit?
Das Staatsgebiet bildet die dingliche Grundlage des
Staates, wie das Volk das persönliche Substrat desselben
darstellt. Land und Volk sind nicht nur die äusseren Er-
scheinungsformen, sondern auch wesentliche Elemente des
Staates.1) Wenn wir den Staat als eine sittliche, organische
Persönlichkeit bezeichnet haben, so bilden Land und Volk
gewissermassen den Körper derselben, in dem sich die
Staatsgewalt als das zentrale Willensorgan äusserlich bethä-
tigt. Die rechtliche Bethätigung der Staatsgewalt aber besteht
im Herrschen, und in der Herrschaft über Land und Volk
erschöpft sich die im einzelnen so mannichtach gestaltete
Funktion des Staatswillens. Demnach ist das Staatsgebiet
das der Herrschaft einer bestimmten Staatsgewalt
unterworfene Land, Gebietshoheit dagegen die Staats-
gewalt selbst in ihrer Beziehung auf das Staatsge-
biet. Diese Beziehung ist rechtlicher Natur. Das durch sie
hergestellte Verhältnis ist ein Rechtsverhältnis. ) Das-
selbe gehört aber nicht dem Kreise des Privatrechts an, es
dient nicht dem Interesse der Vermögensbefriedigung, sondern
es ist organischer, rein staatlicher Natur. Es ist nicht
1) Nur Zorn, Staatsrecht d. Deutsch. Reiches, §4. Anm. 54 leug-
net, dass „Land“ ein begriffliches Erfordernis des Staates sei.
„:) Dies wird geleugnet von Fricker. Vergl. darüber d. Anm. auf
S. 30.