Willensmacht im Staate; sie ist die suprema potestas, oder
nach modernem Sprachgebrauch eine Souveräne Gewalt. Mit
dem Worte „Souveränetät,“ welches wegen seiner Viel-
deutigkeit zu endloser Verwirrung Anlass gegeben hat, be-
zeichnet das moderne Staatsrecht zweierlei: einmal die Eigen-
schaft jeder Staatsgewalt als einer obersten und äusserlich
unabhängigen, und sodann die mit dieser Eigenschaft aus-
gestattete vollkommene Staatsgewalt selbst. Da aber diese
Eigenschaft nichts anderes ist, als ein wesentliches Begriffs=
merkmal, ein notwendiges Element in dem Begriffe der Staats-
gewalt, so dass es keine wahre Staatsgewalt giebt, die nicht sou-
verän wäre, und keine wahre Souveränetät, die nicht untrennbar
mit einer Staatsgewalt verbunden wäre, so ist der Gebrauch des
Wortes Souveränetät als nähere Charakterisierung der Staats-
gewalt pleonastisch und irreleitend, zur Bezeichnung des ganzen
Begriffes der Stastsgewalt aber ungeeignet und überflüssig.
Die Begriffe, um die es sich handelt, können durch die fest-
stehenden deutschen Bezeichnungen viel besser bezeichnet und
viel deutlicher unterschieden werden, und darum wäre es
wohl am besten, auf den Gebrauch des verwirrenden Fremd--
worts ganz zu verzichten. Dem widersetzt sich indes die ganz
allgemeine Verbreitung, welche der Ausdruck besonders im
Völkerrechtlichen Verkehr gefunden hat. Wir müssen ihn also,
im Völkerrecht wenigstens, beibchalten, uns dabei aber stets
gegenwärtig halten, dass dersclbe nichts anderes bedeutet, als in
dem Begriff Staatsgewalt schon an sich enthalten ist, nicht melr,
aber auch nicht weniger, (. h. nicht etwa bloss die eine Seite
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