Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

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mungen über die Erstreckung der Gebietshoheit auf Grenz- 
flüsse und Grenzmeere. Hinsichtlich der letzteren macht das 
Völkerrecht von seinem in neuerer Zeit unbestrittenen Grund- 
satz der Freiheit des Meeres, von welchem weiter unten die 
Rede sein soll, insofern eine Ausnahme, als es die Gebiets- 
hoheit des Uferstaats nicht mit dem Ufer selbst aufhören 
lässt, sondern darüber hinaus auf Kanonenschussweite aus- 
dehnt: „potestas terrae finitur, ubi finitur armorum vis.“#) 
So normiert das Völkerrecht im Einzelnen die räum- 
lichen Grenzen, innerhalb deren eine bestimmte Staatsgewalt 
zu einer bestimmten Zeit ihre Herrschaft übt. Allein diese 
Grenzen sind keine unveränderlichen, auf alle Zeiten fest- 
stehenden. Die Staaten sind keine toten Körper, die wie 
starre Felsblöcke im rauschenden Strome der Zeit unverändert 
auf der einmal eingenommenen Stelle verharrten; sie sind 
lebendige Organismen, die im Laufe der Zeiten entstehen und 
vergehen, wachsen und zerfallen, grösser oder kleiner werden. 
Von ihren Schicksalen erzählt uns die Geschichte. Ein Blick 
auf eine hbistorische Karte zeigt uns im Bilde das äussere 
Wachsen und Schwinden der Staaten und die stets wechseln- 
den Gestaltungen ihres Gebiets. Viele dieser Gebietsver- 
änderungen, besonders die umfassendsten aus den früheren 
Zeiten der Geschichte, waren nichts als die Resultate von 
Kämpfen und Eroberungen, die nur durch die rohe unge- 
bändigte Kraft entschieden wurden, und denen das Recht 
  
1) Bynkershoek, De Dominio Maris, cap. II. Das Nähere über 
diese Lehre siehe unten S. 97 fl.
	        
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