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worbenen Personalhoheit unterworfen. Es wird ein neues
Band persönlicher Unterwerfung und staatlicher Herrschaft
zwischen dem erwerbenden Staat und den Angehörigen des
früher herrschenden Staats geknüpft. Dies erfordert kein
besonderes Rechtsgeschüft zwischen dem erwerbenden Staat
und seinen neuen Unterthanen. Die persönliche Unterwerfung
der Bewohner vollzieht sich in der Regel ipso iure auf Grund
desselben Titels, welcher auch die Herrschaft über das Gebiet
überträgt; denn dieser Titel kann nicht bloss die Territorial-
hoheit begründen, sondern überhaupt dieselbe nur als Be-
standteil der vollkommenen Staatsgewalt, welche anderseits
auch die Personalhoheit in sich schliesst. Dass die Bewohner
nicht einfach als willenlose Pertinenzen des erworbenen Ge-
biets betrachtet werden dürfen, erkannte in gewissem Masse
auch die mittelalterlich-feudale Zeit an, indem bei Gebiets-
abtretungen die in dem abgetretenen Gebiet befindlichen Unter-
thanen seitens ihres bisherigen Herrschers meist ausdrücklich
ihrer Treue und Gehorsamspflicht entbunden wurden und dafür
dem neuen Erwerber huldigen mussten. Die neuere Zeit ist
in dieser Beziehung weiter gegangen, indem sie bei Gebiets-
abtretungen den Bewohnern des abgetretenen Landes entweder
die Zustimmung zur Zession durch ein allgemeines Plebiszit
einräumte oder den Einzelnen wenigstens gestattete, auf dem
Wege der Option sich frei zu entscheiden, ob sie ihre alte
Staatsangehörigkeit bewahren oder sich dem neuen Herrscher
unterwerfen wollten. Während jedoch das Plebiszit theoretisch
verwerflich ist, weil das Schicksal des abzutretenden Gebiets
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