Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

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nicht durch die unorganisirte Masse seiner Bewohner, sondern 
durch den dieselben vertretenden Staatswillen bestimmt wird, 
und sich praktisch meist als wertlos erweist, entspricht die 
Option vollständig dem modernen Staatsbewusstsein, indem 
sie ebensowohl den berechtigten Gefühlen einer staatstreuen 
Bevölkerung, wie der unerbittlichen Notwendigheit der Ver- 
hältnisse Rechnung trägt. Diese letztere Form der Option 
hat daher auch bei den Gebietsabtretungen der neueren Zeit 
eine hervorragende Rolle gespielt. 
Bei der gewaltsamen Unterwerfung eines Gebiets auf dem 
Wege der vollständigen Eroberung (debellatio), durch welche 
die bisherige Staatsgewalt vernichtet wird, und die des Er- 
oberers an ihre Stelle tritt, werden auch die Bewohner des 
eroberten Landes, deren Unterthanenverhältnis gegenüber 
ihrem ursprünglichen Staat mit diesem selbst erloschen ist, 
der erwerbenden Staatsgewalt ipso iure unterworfen. Von 
Anwendung der Option kann in diesem Falle selbstverständ- 
lich keine Rede sein, da dies Institut das Fortbestehen des 
besiegten Staates voraussetzt; dagegen hat man auch in solchen 
Fällen die Eroberung durch den trügerischen Schein eines 
unfreien Plebiszits zu stützen versucht. In der Regel wird 
aber das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner eines derart 
eroberten Gebiets nur insoweit geachtet, als denselben, falls 
sie sich der Staatsgewalt des Eroberers nicht unterwerfen 
wollen, das Recht der Auswanderung freigestellt wird. Dies 
  
) Vergl. Stoerk, Option u. Plebiszit bei Eroberungen und Gebiets- 
zessionen. Leipzig 1879.
	        
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