Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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trug der römische König dem Böhmenkönig das Königreich) und die Regalien und 
erklärte ihn vor allen Anwesenden für seinen werten Freund. Während dies der 
römische König tat, erschien er, angetan mit seinem grauen Wams, gering und 
niedrig; auch saß er auf einem Schemel. 
Wenige Wochen später bereute der König von Böhmen, daß er sich dem 
römischen König unterworfen hatte; denn er sah, wie König Rudolf zwar viele 
Güter besaß, aber dennoch immer in Geldnot war. Aus diesen und anderen 
Gründen machte er seine Tochter, welche er dem Sohne König Rudolfs zur Ehe 
versprochen hatte, zur Nonne und ließ sie feierlich in einem Frauenkloster vom 
Orden der Minderbrüder den Schleier nehmen. 
74. 
Die Gründung der habsburgischen Hausmacht an der Donau. 
1282. 
Quelle: Willebriefe der Erzbischöfe von Mainz und Trier und des Pfalz- 
grafen bei Rhein (Lateinisch). 
Übersetzung: Dentzer a. a. O. S. 15. 
Wir stimmen ausdrücklich bei und erteilen dazu unsere freie Einwilligung, daß 
er (König Rudolf) die Fürstentümer Osterreich, Steiermark, Kärnten, Krain und 
die Mark mit allen ihren Rechten und Zubehörden, die er, einst dem Reiche ent- 
fremdet und verschleudert, mit vielem Schweiß und Blut unter die Gewalt des 
Reiches zurückgebracht hat, dem erlauchten Albrecht und Rudolf, seinen 
Söhnen, übertrage und zu Lehen gebe, wenn immer es seines Willens sein 
wird . 
75. 
Rudolf von Habsburg in Thüringen. 
1290. 
Quelle: Johannes Rothe, Thüringische Chronik (Deutsch) #. 
Übertragung: Richter a. a. O. S. 104 und 105. 
Im Jahre 1290 war König Rudolf zu Erfurt und entbot zu sich die deutschen 
Fürsten. Deren kamen zu ihm mehr denn vierzig, geistlicher und weltlicher, und 
zumal viele Grafen und Herren, und er gebot denen auf das strengste, aller Enden 
Frieden zu halten unter Androhung des Galgens. Da nun fortwährend Zwie- 
tracht war zwischen Landgraf Albrecht und seinen Söhnen"), so waren die edlen 
#1)) Ottokar erhielt mithin nur Böhmen (und das seit 1029 mit ihm verbundene 
Mähren) zurück; er verlor also Osterreich, Steiermark, Krain, Kärnten, das Egerland und 
einige kleinere Gebiete, die er sich während des Faustrechts angeeignet hatte. 
½) Die wirkliche ÜUbertragung fand Ende Dezember 1282 zu Augsburg statt. Die Ur- 
kunde ist zugleich das Beispiel eines Willebriefes. Von Rudolf von Habsburg an waren 
die deutschen Könige bei Verfügung über freigewordenes Reichsgut an die Zustimmung 
der Kurfürsten gebunden. Diese Zustimmungsurkunden hießen Willebriefe. 
:) Die als geschichtliche Quelle nicht gerade bedeutende „Thüringische Chronik“ gehört 
doch zu den weitverbreitetsten und schönsten Erzeugnissen der volkstümlichen Geschicht- 
schreibung. Ihr Verfasser ist der Eisenacher Priester Johannes Rothe (1 1434), der Vater 
der thüringischen Geschichtschreibung. 
½)) E handelt sich um die Streitigkeiten zwischen Albrecht dem Entarteten und seinen 
Söhnen Friedrich und Diezmann.
	        
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