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trug der römische König dem Böhmenkönig das Königreich) und die Regalien und
erklärte ihn vor allen Anwesenden für seinen werten Freund. Während dies der
römische König tat, erschien er, angetan mit seinem grauen Wams, gering und
niedrig; auch saß er auf einem Schemel.
Wenige Wochen später bereute der König von Böhmen, daß er sich dem
römischen König unterworfen hatte; denn er sah, wie König Rudolf zwar viele
Güter besaß, aber dennoch immer in Geldnot war. Aus diesen und anderen
Gründen machte er seine Tochter, welche er dem Sohne König Rudolfs zur Ehe
versprochen hatte, zur Nonne und ließ sie feierlich in einem Frauenkloster vom
Orden der Minderbrüder den Schleier nehmen.
74.
Die Gründung der habsburgischen Hausmacht an der Donau.
1282.
Quelle: Willebriefe der Erzbischöfe von Mainz und Trier und des Pfalz-
grafen bei Rhein (Lateinisch).
Übersetzung: Dentzer a. a. O. S. 15.
Wir stimmen ausdrücklich bei und erteilen dazu unsere freie Einwilligung, daß
er (König Rudolf) die Fürstentümer Osterreich, Steiermark, Kärnten, Krain und
die Mark mit allen ihren Rechten und Zubehörden, die er, einst dem Reiche ent-
fremdet und verschleudert, mit vielem Schweiß und Blut unter die Gewalt des
Reiches zurückgebracht hat, dem erlauchten Albrecht und Rudolf, seinen
Söhnen, übertrage und zu Lehen gebe, wenn immer es seines Willens sein
wird .
75.
Rudolf von Habsburg in Thüringen.
1290.
Quelle: Johannes Rothe, Thüringische Chronik (Deutsch) #.
Übertragung: Richter a. a. O. S. 104 und 105.
Im Jahre 1290 war König Rudolf zu Erfurt und entbot zu sich die deutschen
Fürsten. Deren kamen zu ihm mehr denn vierzig, geistlicher und weltlicher, und
zumal viele Grafen und Herren, und er gebot denen auf das strengste, aller Enden
Frieden zu halten unter Androhung des Galgens. Da nun fortwährend Zwie-
tracht war zwischen Landgraf Albrecht und seinen Söhnen"), so waren die edlen
#1)) Ottokar erhielt mithin nur Böhmen (und das seit 1029 mit ihm verbundene
Mähren) zurück; er verlor also Osterreich, Steiermark, Krain, Kärnten, das Egerland und
einige kleinere Gebiete, die er sich während des Faustrechts angeeignet hatte.
½) Die wirkliche ÜUbertragung fand Ende Dezember 1282 zu Augsburg statt. Die Ur-
kunde ist zugleich das Beispiel eines Willebriefes. Von Rudolf von Habsburg an waren
die deutschen Könige bei Verfügung über freigewordenes Reichsgut an die Zustimmung
der Kurfürsten gebunden. Diese Zustimmungsurkunden hießen Willebriefe.
:) Die als geschichtliche Quelle nicht gerade bedeutende „Thüringische Chronik“ gehört
doch zu den weitverbreitetsten und schönsten Erzeugnissen der volkstümlichen Geschicht-
schreibung. Ihr Verfasser ist der Eisenacher Priester Johannes Rothe (1 1434), der Vater
der thüringischen Geschichtschreibung.
½)) E handelt sich um die Streitigkeiten zwischen Albrecht dem Entarteten und seinen
Söhnen Friedrich und Diezmann.