— 96 —
dieser Kurfürst gegen den Kreis Schwiebus auf seine Rechte an die anderen
Fürstentümer und Herzogtümer von Schlesien verzichten sollte; diese Verzicht-
leistung wärde gültig sein, wenn nicht durch die schwärzeste Perfidie Kaiser
Leopold den Kreis Schwiebus entrissen hätte. Da nun die Gegenleistung, welche
die Verzichtleistung festsetzte, zurückgegeben ist, so leben unsere Rechte völlig
wieder auf, und der ganze mit dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm geschlossene Akt
wird nichtig.
Kraft dieser Rechte und eines Anspruches auf einige Millionen Taler ist der
König in Schlesien eingedrungen, um sein Gut zu erhalten und seine Rechte zu
stützen. Es würde nicht geziemend sein, einen solchen Schritt zu Lebzeiten des
Kaisers zu tun, denn da der Kaiser das Oberhaupt des Reiches ist, so hieße es
gegen die Einrichtungen des Reiches handeln, wenn eines seiner Glieder ihn an-
greifen wollte.
Weiterhin ist dieser Schritt nicht gegen die pragmatische Sanktion, weil der
König nicht beansprucht zu erben, sondern bloß seine besonderen Rechte aufrecht-
zuhalten, und da der Kaiser selbst kein Recht auf diese Herzogtümer in Schlesien
hat, das man ihm streitig macht, mit welchem Rechte kann denn seine Tochter
daran Anspruch erheben? Um so mehr, als man nicht erben kann, was seinen
Eltern nicht gehört.
Aber nehmen wir, um die Verhältnisse schlimmer zu machen, an, daß das
Vorgehen des Königs der pragmatischen Sanktion zuwider sei, so ist es gut zu
sagen, daß nach dem Vertrage von 1732 der König die pragmatische Sanktion dem
Kaiser nur unter der Bedingung der Gewährleistung für das Herzogtum Berg
garantierte; nun hat das Haus Osterreich seinen Vertrag verletzt, indem es im
Jahre 1738 oder 1739 dem Hause Sulzbach den einstweiligen Besitz der Herzog-
tümer Jülich und Berg zusprach, so daß der König dadurch ganz in seine Rechte
wieder eintritt: um so mehr, als man ihm eine Entschädigung aus den eigenen
Besitzungen des Kaisers versprochen hatte. —
N. Ich habe vergessen hinzuzufügen, daß Schlesien, welches allzeit ein
Männerlehen gewesen ist, nun durch die pragmatische Sanktion ein Weiberlehen
geworden ist; nun, da meine Gewährleistung dafür nichtig ist, trete ich hiermit
voll und ganz in meine Rechte ein, da es keine männlichen Sprossen der kaiser-
lichen Familie gibt. Das kann man den anderen, oben erwähnten Gründen hinzu-
fügen. Fr.
53.
Siegeszuversicht des Königs bei Beginn des ersten Schlesischen Krieges.
1740.
1. Quelle: Tagesbefehl des Königs an die Offiziere der Berliner
Garnison.
Übersetzung: G. Mendelssohn-Bartholdy a. a. O. S. 129.
„Meine Herren, ich unternehme einen Krieg, für welchen ich keine anderen
Bundesgenossen habe als Ihre Tapferkeit, und keine andere Hilfsquelle als mein
Glück. Erinnern Sie sich stets des unsterblichen Ruhms, den Ihre Vorfahren auf
den Gefilden von Warschau und Fehrbellin erworben haben, und verleugnen Sie
nie den Ruf der brandenburgischen Truppen. Leben Sie wohl, brechen Sie auf
zum Rendezvous des Ruhms, wohin ich Ihnen ungesäumt folgen werde.“