Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

97.— 
2. Quelle: Schreiben des Königs an seinen Minister von Podewils 
vom 16. Dez. 1740. 
lbersetzung: G. Mendelssobn-Bartholdy a. a. O. S. 130. 
Schweidnitz, den 16. Dez. 1740. 
Mein lieber Podewils! Ich habe den Rubikon überschritten mit fliegenden 
Fahnen und unter dem Schlag der Trommeln. Meine Truppen sind voll guten 
Willens, die Offiziere voll Ehrgeiz, und unsere Generale dürsten nach Ruhm. 
Alles wird nach unseren Wünschen gehen, und ich habe Ursache, alles mögliche 
Gute von dieser Unternehmung zu erwarten. 
Schicken Sie mir Bülowi), sagen Sie ihm viel Liebes und lassen Sie ihn 
seines Herrn eigenen Vorteil sehen, kurz, benützen wir die Kenntnis des mensch- 
lichen Herzens, lassen wir zu unsern Gunsten das Interesse, den Ehrgeiz, die 
Liebe, den Ruhm und alle Triebfedern, welche die Seele bewegen können, wirken. 
Entweder will ich untergehen oder Ehre von diesem Unternehmen haben; mein 
Herz sagt mir das Beste von der Welt voraus, kurz, ein gewisser Instinkt, dessen 
Grund uns unbekannt ist, verkündigt mir Glück und Erfolg, und ich würde 
nicht wieder in Berlin erscheinen, ohne mich des Blutes würdig gemacht zu 
haben, aus dem ich stamme, und der tapferen Soldaten, die ich die Ehre habe 
zu befehlen." Leben Sie wohl, ich empfehle Sie der Obhut Gottes. 
Friedrich. 
54. 
Letztwillige Verfügungen des Königs vor seinem ersten Zusammen= 
treffen mit dem Feinde. 
1741. 
Quelle: Schreiben des Königs an seinen Bruder, den Prinzen 
August Wilhelm:?). 
Übersetzung: G. Mendelssohn-Bartholdy a. a. O. S. 134. 
Pogarell, den 8. April 1741. 
Teuerster Bruder, der Feind ist eben in Schlesien eingerückt; wir sind 
nicht mehr als eine Viertelmeile von ihm entfernt. Der morgende Tag muß 
also über unser Schicksal entscheiden. Wenn ich sterbe, vergessen Sie nicht 
einen Bruder, der Sie immer sehr zärtlich geliebt hat. Ich empfehle Ihnen für 
den Fall, daß ich sterbe, meine teuerste Mutter, meine Diener und mein erstes 
Bataillon. 
Erinnern Sie sich meiner stets, aber trösten Sie sich über meinen Verlust; 
der Ruhm der preußischen Waffen und die Ehre meines Hauses heißen mich 
handeln und werden mich bis zu Meinem Tode leiten. Sie sind mein einziger 
Erbe, ich empfehle Ihnen für den Fall, daß ich sterbe, diejenigen, welche ich 
1) Der sächsische Gesandte in Berlin. 
*:) Prinz August Wilhelm, geb. 1722. Er erhielt nach der Schlacht bei Kolin das 
Kommando über die geschlagene Armee, um mit ihr die Elblinie zu decken. Er entsprach 
den Erwartungen des Königs nicht und nahm, nachdem der König ihn im Lager bei 
Bautzen am 29. Juli 1757 seine Ungnade hatte fühlen lassen, am 30. Juli seinen Ab- 
schied. Er starb am 12. Juni 1758 zu Oranienburg. " 
W u. O Heinze-Kinghorst, Quellenlesebuch, 11. 7
	        
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