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wohlmeinend gewarnt, sich dergleichen Erdicht- und Verbreitungen wohlbedächtig
zu enthalten, indem man von Mund zu Mund den Täter dadurch herausbringen
wird, daß ein jeder seinen Aussager anzugeben wissen muß, und an dem der—
gleichen stehen bleibet, solcher wird ohnnachbleiblich nach Maßgabe seines Standes
mit Einsperrung in die Festung Spandau oder Neuenmarkt, Hausvoigtei, Kalands-
hof und Arbeitshaus, ohne lange Formalität gestraft werden.
65.
Friedrich der Große als Gott bei den Indianern.
Quelle: Nr. 36 der „Haude-Spenerschen Zeitung". Berlin 1762.
Fundort: E. Buchner a. a. O. S. 103.
London, vom 9. März.
Gegenwärtig hält sich in London ein Amerikanischer Prinz von der Chikesaw-
Nation auf.A seiner linken Hüfte hängt eine große silberne Medaille, worauf
sein Name in englischer Sprache gegraben ist: Prince of Gunawtokaw. Auf der
rechten Hüfte hat er sein Tanakaw hängen, ein wunderliches Instrument, welches
den Dienst einer Tabakspfeife und auch eines Kriegsgewehrs tut, und welches auf
der einen Seite so scharf ist, daß man einem die Hirnschale damit spalten kann.
Von der linken Hüfte hängt ein großer Tabaksbeutel herunter, und an der rechten
noch eine silberne Medaille an einer silbernen Kette, worauf das Brustbild des
Königs von Preußen zu sehen ist, welches dieser indianische Prinz sehr oft zum
Munde führet und küßt. Überhaupt versichert derselbe, daß der König von
Preußen bei den Indianern in Amerika in so großer Hochachtung sei, daß sie ihn
meist als einen Gott betrachten, und in allen ihren feierlichen Festen das Bild
dieses Königs mit vielen Küssen beehren.
66.
Briefe Friedrichs des Großen aus dem Siebenjährigen Kriege.
Ülbersetzungen: G. Mendelssohn-Bartholdy a. a. O. S. 293—408.
1.
Der König an seine Schwester Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth.
Dresden, 30. November 1756.
Wir leben hier beieinander, die Preußen auf der einen, die Sachsen auf
der anderen Seite, bis es meiner Göttin, dem Glück, gefällt, die Entscheidung zu
treffen.
Fürchten Sie nichts für mich, liebe Schwester, im kommenden Feldzuge. Ich
habe ein Vorgefühl, daß ich weder getötet noch verwundet werde; ich bekenne
indessen, daß ich, wenn die Sache schief geht, den Tod hundertmal der Lage vor-
ziehen würde, in der ich mich dann befinden würde. Sie kennen meine Feinde
und können beurteilen, welchen Arger sie mir zu fressen geben würden. Aber da
die Dinge einmal zum Außersten gekommen sind, muß man hoffen, daß, wenn die
Vorsehung sich in die menschlichen Jämmerlichkeiten zu mischen geruht, sie nicht
dulden wird, daß der Stolz, die Anmaßung und die Bosheit meiner Feinde über
meine gerechte Sache den Sieg davontragen