Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Hierauf gingen Seine Majestät nebst uns zur Tafel. Während des Speisens 
waren Dieselben besonders gnädig und munter, scherzten zum öftern und ent— 
ließen uns darauf, die wir entzückt über die gnädige Aufnahme waren. 
B. Landwirtschaft und innere Kolonisation. 
a) Urbarmachung der pommerschen Brüche. 
Quelle: Politisches Testament Friedrichs des Großen von 1752. 
Übersetzung aus dem Abdruck des französischen Textes bei G. Küntzel a. a. O. Bd. 2. S. 17—18. 
Längs der Oder und der Netze, eines kleinen Flusses der Neumark, fand sich 
eine Menge unangebauten, undurchdringlichen und wilden Sumpflandes. Ich 
begann damit, die Sümpfe von Damm bei Stettin zu entwässern. Man zog einen 
Deich, um die Oder einzudämmen, und dann teilte man das Neuland in Dörfer, 
die an die Unternehmer dieser Anlagen überwiesen wurden. Dieses Werk wird im 
nächsten Jahret) vollendet und das Land mit ungefähr 4000 Seelen besiedelt sein?2). 
Zwischen Freienwalde und Küstrin überschwemmte die Oder die schönsten Wiesen 
und setzte unaufhörlich ein herrliches Gebiet unter Wasser, das dadurch unbrauchbar 
wurde. Zunächst gab man der Oder ein neues Bett durch einen Kanal, der die 
Windungen abschnitt und die Schiffahrt um vier Meilen abkürzte. Der Kanal 
wird im kommenden Jahre fertig, und durch die Eindämmung des Flusses wird 
ein Gebiet gewonnen, wo 6000 Seelen ihre Nahrung, Ackerland und Viehweiden 
finden. Wenn ich am Leben bleibe, wird die ganze Besiedlung im Jahre 1756 
beendet sein. Die Netzesümpfe sind ebenfalls ausgetrocknet und mit Polen be- 
völkert, die sich auf eigene Kosten angesiedelt haben. Ferner habe ich alles 
Brachland in der Kurmark urbar machen lassen... Ebenso zeigte es sich, daß die 
Städte in Pommern viel mehr Land besaßen, als sie bebauen konnten. lberall 
sind Dörfer angelegt worden, die in der Mehrzahl bereits fertig sind.. Wenn 
ich alles seit dem Jahre 1746 zusammenzähle, so bin ich jetzt beim 122. Dorfe 
angelangt). 
b) Kolonisation Westpreußens. 
1. Quelle: Kabinettsorder an von Domhardt"). Potsdam, 1. April 1772. 
Fundort: M. Bär, Westpreußen unter Friedrich dem Großen. Publikationen aus den Kal. Pr. Staats- 
archiven. 1909. Bd. 2. S. 18. 
Übrigens glaube ich, daß die Einwohner meist polnischer Nation sein und 
die ihnen zugedachte Wohltat der aufgehobenen Leibeigenschafts) nicht nach ihrem 
wahren Wert einsehen und erkennen werden. Das sicherste Mittel, um diesen 
sklavischen Leuten bessere Begriffe und Sitten beizubringen, wird immer sein, 
1) 1753. 
:) In der Zeit von 1746—1756 sind in Pommern 90, im Oderbruch 50, in der Kur- 
mark 96, in der Neumark 40 neue Dörfer angelegt worden. In der zweiten Hälfte der 
Regierung Friedrichs wurde diese Tätigkeit in verstärktem Maße fortgesetzt. # 
2) Bis 1756 waren es nach obiger Angabe schon 276. Die Gesamtzahl der von Fried- 
rich gegründeten Dörfer beträgt nach Stadelmann ungefähr 900, die Zahl der angesiedelten 
Kolonisten nach Berger etwa 250 000. 
) Domhardt war Oberpräsident der preußischen Kriegs= und Domänenkammern und 
des Königs Mitarbeiter am Kolonisationswerke. # 
*) Durch Patent vom 28. September 1772 wurden die Bauern der königlichen 
Domänen von der Leibeigenschaft befreit.
	        
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