Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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winnen, wenn sie diejenigen aufmuntern, die sich die Sache angelegen sein lassen, 
wenn sie diejenigen loben und belohnen, die den besten Erfolg haben: wenn wir 
Medicis hätten, würden wir auch Genies aufstehen sehen. Ein Augustus bringt 
auch einen Virgil hervor. Wir werden unsere klassischen Schriftsteller haben; 
jeder wird sie lesen, um davon Nutzen zu haben; unsere Nachbarn werden deutsch 
lernen; die Höfe werden es mit Vergnügen sprechen; und es kann kommen, daß 
unsere fein und vollendet gewordene Sprache sich aus Vorliebe für unsere guten 
Schriftsteller von einem Ende Europas bis zum anderen verbreitet. Diese schönen 
Tage unserer Literatur sind noch nicht gekommen, aber sie nahen sich. Ich kündige 
sie an; sie sind im Begriffe zu erscheinen; ich werde sie nicht sehen, mein Alter 
verbietet mir die Hoffnung. Ich bin wie Moses: ich sehe das gelobte Land 
von ferne, aber ich werde es nicht betreten 
77. 
Das Testament Friedrichs des Großen. 
Fundort: Preuß a. a. O. Bd. 4. S. 277—279. 
Unser Leben ist ein flüchtiger Ubergang von dem Augenblicke der Geburt zu 
dem des Todes. Die Bestimmung des Menschen während dieses kurzen Zeit- 
raumes ist, für das Wohl der Gesellschaft, deren Mitglied er ist, zu arbeiten. 
Seitdem ich zur Handhabung der öffentlichen Geschäfte gelangt bin, habe ich 
mich mit allen Kräften, welche die Natur mir verliehen hat, und nach Maßgabe 
meiner geringen Einsichten bestrebt, den Staat, den ich die Ehre habe zu 
regieren, glücklich und blühend zu machen. Ich habe Gesetze und Gerechtigkeit 
herrschend sein lassen, ich habe Ordnung und Pünktlichkeit in die Finanzen ge- 
bracht: ich habe in die Armee jene Manneszucht eingeführt, wodurch sie vor allen 
übrigen Truppen Europas den Vorrang erhalten hat. 
Nachdem ich so meine Pflichten gegen den Staat erfüllt habe, würde ich 
mir unablässig einen Vorwurf machen müssen, wenn ich meine Familienangelegen- 
heiten vernachlässigte. Um allen Streitigkeiten, die unter meinen nächsten Ver- 
wandten über meinen Nachlaß sich erheben könnten, vorzubeugen, erkläre ich 
durch diese feierliche Urkunde meinen letzten Willen: 
1. Ich gebe gern und ohne Bedauern diesen Lebenshauch, der mich beseelt, 
der wohltätigen Natur, die mir ihn geliehen hat, meinen Körper aber den Ele- 
menten, aus denen er zusammengesetzt ist, zurück. Ich habe als Philosoph 
gelebt und will auch als solcher begraben werden, ohne Prunk, ohne 
Pracht, ohne Pomp. Ich mag weder geäöffnet noch einbalsamiert werden. Man 
setze mich in Sanssouci oben auf den Terrassen in eine Gruft, die ich mir habe 
bereiten lassen. . Sollte ich im Kriege, auf der Reife sterben, so begrabe man 
mich an dem ersten, dem besten Orte und lasse mich hernach zur Winierzeit nach 
mssouet an den bezeichneten Ort bringen. 
Ich überlasse meinem lieben Neffen Friedrich Wilhelm als erstem Thron- 
“ das Königreich Preußen, die Provinzen, Städte, Schlösser, Forts, Festungen, 
alle Munition, Arsenale, die von mir eroberten oder ererbten Länder, alle Edel- 
gesteine der Krone, die Gold= und Silberservice, die in Berlin sind, meine Land- 
häuser, Bibliothek, Münzkabinett, Bildergalerie, Gärten usw. Auch überlasse ich 
ihm außerdem den Schatz in dem Zustande, in welchem er sich an meinem Sterbe-
	        
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