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Ich befand mich in dieser entsetzlichen Nacht neben unserem Kommandanten
auf der Bastion „Preußen“, als dem höchsten Punkte, den unsere Wälle zum
Überschauen darboten. Von hier aus konnten wir beinahe alle feindlichen Schanzen
übersehen, und ebenso lag die Stadt vor uns. Es ist nicht auszusprechen, wie
höllenmäßig das Aufblitzen und Donnern des Geschützes Schlag auf Schlag um
uns her wütete, während auch das Feuer unserer Festung in seiner Antwort nichts
schuldig blieb. In der Luft schwärmte es lichterloh von Granaten und Bomben;
wir sahen sie hier und da und überall ihren lichten Bogen nach der Stadt hin-
wälzen, hörten das Krachen ihres Zerspringens sowie das Einstürzen der Giebel
und Häuser, vernahmen den wüsten Lärm, der drinnen wogte und toste, und
waren Zeugen, wie bald hier, bald dort, wo es gezündet hatte, eine Feuer-
flamme emporloderte. Von dem allen war die Nacht so hell, als ob tausend
Fackeln brennten, und das gräßliche Schauspiel schien nicht ein Menschenwerk zu
sein, sondern es sah aus, als ob alle Elemente in Aufruhr geraten wären, um sich
einander zu zerstören.
Was aber drinnen in der Stadt unter dem armen, wehrlosen Haufen vor-
ging, ist vollends so jammervoll, daß meine Feder es nicht zu beschreiben ver-
mag. Da gab es bald nirgends ein Plätzchen mehr, wo die zagende Menge vor
dem drohenden Verderben sich hätte bergen mögen. Uberall zerschmetterte Ge-
wölbe, einstürzende Böden, krachende Wände und aufwirbelnde Säulen von
Dampf und Feuer; überall die Gassen wimmelnd von ratlos umherirrenden
Flüchtlingen, die ihr Eigentum preisgegeben hatten und unter dem Gezisch der
umherkreisenden feindlichen Feuerbälle sich von Tod und Verstümmelung verfolgt
sahen; Geschrei von Wehklagenden, von Säuglingen und Kindern; Geschrei von
Verirrten, die ihre Angehörigen in dem Gedränge und in der allgemeinen Ver-
wirrung verloren hatten; Geschrei der Menschen, die mit Löschung der Flammen
beschäftigt waren; Lärm der Trommeln, Geklirr der Waffen, Rasseln der Fuhr-
werke — nein, es ist nicht möglich, das furchtbare Bild in seiner ganzen Lebendig-
keit zu schildern.
Als ich mich in diesem allgemeinen Tumult veranlaßt fand, einmal nach
meinem eigenen Hause zu sehen, erwartete mich dort ein Anblick, der auch nicht
dazu geeignet war, mich sonderlich zu erfreuen. Eine Bombe war, durch den
Giebel einschlagend, durch zwei Böden bis in den Keller hinabgefahren und hatte,
indem sie dort platzte, alles verschüttet. Außerdem waren überall im Hause die
größten Verwüstungen angerichtet, die ganze Eingangsflur aufgerissen und eben-
sowenig irgend eine Fensterscheibe als ein Ziegel auf dem Dache unbeschädigt ge-
blieben... Wie gern aber hätte man jede eigene Not verschmerzt und vergessen
gegen die niederschlagende Kunde, daß um 4 Uhr morgens die Maikuhle an den
Feind verloren gegangen! Mitten unter dem heftigsten Bombardement, durch das
unsere Aufmerksamkeit von dieser Seite hatte abgezogen werden sollen, war die Er-
stürmung dieser wichtigen Schanze an der Hafenseite das Werk weniger Augenblicke
gewesen . und damit unserer Verteidigung der rechte Arm abgehauen. Alsbald
loderte das erst unlängst erbaute, 1900 Meter lange Gradierwerk der Saline, vom
Feinde angezündet, in hellen Flammen auf, und das englische Schiff, das ich
kaum zwei Tage zuvor mit Mühe hereingeführt, und das seine Ladung an
Munition und Vorräten kaum erst zur Hälfte gelöscht hatte, kappte beim Vor-
dringen der Franzosen die Ankertaue und gewann nur mit genauer Not unter
einem dichten Kugelregen die offene See. So waren wir denn vom Meere ab-