Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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8 108. Die Stadtverordneten erhalten durch ihre Wahl die unbeschränkte 
Vollmacht, in allen Angelegenheiten des Gemeinwesens der Stadt die Bürger— 
gemeine zu vertreten, sämtliche Gemeine-Angelegenheiten für sie zu besorgen und 
in betreff des gemeinschaftlichen Vermögens, der Rechte und der Verbindlichkeiten 
der Stadt und der Bürgerschaft namens derselben verbindende Erklärungen abzugeben. 
8 110. Die Stadtverordneten sind berechtigt, alle diese Angelegenheiten ohne 
Rücksprache mit der Gemeine abzumachen . . . Sie bedürfen weder einer be— 
sonderen Instruktion oder Vollmacht der Bürgerschaft, noch sind sie verpflichtet, 
derselben über ihre Beschlüsse Rechenschaft zu geben. Das Gesetz und ihre Wahl 
sind ihre Vollmacht, ihre Überzeugung und ihre Ansicht vom gemeinen Besten der 
Stadt ihre Instruktion, ihr Gewissen aber die Behörde, der sie deshalb Rechen- 
schaft zu geben haben. Sie sind im vollsten Sinne Vertreter der ganzen Bürger- 
schaft, mithin so wenig Vertreter des einzelnen Bezirks, der sie gewählt hat, noch 
einer Korporation, Zunft usw., der sie zufällig gehören. 
141. Das Magistratskollegium soll überall nur aus Mitgliedern der Bürger- 
schaft bestehen, die das Vertrauen derselben genießen. Jeder mit Gemeinsinn er- 
füllte Bürger wird, auch ohne Vorteile für seine Person dabei zu beabsichtigen, 
dieses ehrenvolle Amt gern übernehmen. Zur Verminderung der Administrations- 
kosten können daher nur diejenigen Magistratsmitglieder für ihre Amtsführung ent- 
schädigt werden, welche ihre Zeit derselben ganz zu widmen haben. 
* 152. Sämtliche Mitglieder der Magistrate mit Ausschluß des Oberbürger- 
meisters werden namens der Stadtgemeine von den Stadtverordneten erwählt 
und von der Provinzialpolizeibehörde bestätigt. 
5* 153. Zu dem Posten des Oberbürgermeisters sollen hingegen drei Kandidaten 
von der Stadtverordnetenversammlung präsentiert werden, wovon einer durch 
landesherrliche Bestätigung zum Oberbürgermeister ernannt wird. 
100. 
Die Achtung Steins. 
1808. 
Quelle: Kaiserliches Dekret Napoleons aus Madrid vom 16. Dezember 
1808. 
übersetzung: G. H. Pertz a. a. O. Bd. 2. S. 319. 7 
1. Der namens Steint), welcher Unruhen in Deutschland zu erregen sucht, ist 
zum Feinde Frankreichs und des Rheinbundes erklärt. 
2. Die Güter, welche der besagte Stein, sei es in Frankreich, sei es in den 
Ländern des Rheinbundes, besitzen möchte, werden mit Beschlag belegt. Der be- 
sagte Stein wird überall, wo er durch unsere oder unserer Verbündeten Truppen 
erreicht werden kann, persönlich zur Haft gebracht. 
In unserem Kaiserlichen Lager von Madrid, den 16. Dezember 1808. 
(unterzeichnet) Napoleon. 
1) „Le nommé Stein.“ Die Deutsch-Franzosen, denen als Schergen die Ausführung 
des Befehls anheimfiel, übersetzten den Anfang: „Der genannte Stein.“ Eine eigen- 
tümliche Ironie des Schicksals wollte es, daß in der am 6. März 1815 von Ludwig XVIII. 
gegen den wieder gelandeten Kaiser erlassenen Achtserklärung von „dem genannten 
Bonaparte“ die Rede war! (Zurbonsen, Quellenbuch zur brandenburgisch-preußischen Ge- 
schichte. 2. Aufl. Berlin 1906. S. 219.)
	        
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