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über meine eigene Lage noch völlig in Ungewißheit, als ich folgendes königliche
Schreiben erhielt:
„Mit Bezug auf meine Antwort vom 16. d. M. will ich Ihnen hierdurch die
Erlaubnis erteilen, bei der Truppenabteilung, die Sie sich zur Dienstleistung ge—
wählt haben, die Offiziersuniform zu tragen, wonach Sie auch Offiziersdienste ver—
richten, bis ich anderweitige Veranlassung erhalte, Sie vom Volontär zum wirk-
lichen Offizier zu befördern, und können Sie Ihre Ansprüche auf diese Be-
günstigung bei dem Kommandeur des Garde-Jägerbataillons durch gegenwärtiges
Schreiben rechtfertigen.
Breslau, den 20. Februar 1813. Friedrich Wilhelm.“
Gleichzeitig erging an den Generalmajor von Scharnhorst folgendes Schreiben,
das noch in meinem Besitz ist: Z
„Auf Ihr Schreiben vom 18. d. M. habe ich dem Professor Steffens erlaubt,
als Volontär die Offiziersuniform der Abteilung zu tragen, bei der er Dienste
leisten will, und da er nach Ihrer Anzeige das Jäger-Detachement des Garde-
Jägerbataillons gewählt hat, so habe ich den Major von Jagow darauf auf-
merksam gemacht, daß ihm der Steffens bei der Formation des Detachements gute
Dienste würde leisten können und ihm dabei empfohlen, sich seiner zu bedienen.
Breslau, den 20. Februar 1813. Friedrich Wilhelm.“
Nun hatte allerdings meine Tätigkeit eine völlig bestimmte Richtung. Haupt-
mann von Boltenstern, von Halle aus mein vertrauter Freund, wurde mein
Kompagniechef, und vorläufig lernte ich durch einen dazu von mir bezahlten
Sergeanten der Kompagnie das Gewehrexerzitium .. Dieser Einübung konnte ich
indes nur eine kurze Zeit widmen, mein Hauptgeschäft war noch immer ein ganz
anderes. In meinem Bureau fanden die weitläufigsten und verwickeltsten Ge-
schäfte statt. Uber einen jeden sich meldenden Freiwilligen mußte ein Protokoll
aufgenommen werden, damit man über seine persönlichen Verhältnisse gelegentlich
Auskunft geben könne. Mehrere Tausend Freiwillige kamen zu mir, viele Generale,
die für die Detachements ihrer Regimenter Freiwillige zu erhalten wünschten,
beehrten mich mit ihrem Besuche, und ich hatte genug zu tun, um die jungen
Leute, die alle in den Garde-Detachements dienen wollten, nur einigermaßen
gleichartig zu verteilen, indem ich sie zu überreden suchte, sich an andere Bataillone
anzuschließen, da die Gerde-Detachements fast alle die gesetzmäßige Zahl erreicht
hätten. Ich erhielt als begünstigende Ausnahme die Erlaubnis, diese Zahl (irre
ich nicht von zweihundert) um fünfzig zu überschreiten
Ein freundschaftlicher Wettstreit zwischen den Korps und den Detachements
hatte sich erhoben. Das Lützowsche Korps bildete sich in Breslau und ganz in
meiner Nähe. Jahn bewohnte den „Goldnen Zepter“, einen Gasthof in der näm-
lichen Straße, wo ich wohnte. Wenige Häuser von mir entfernt war das Jahnsche
Werbehaus, sowie meine Wohnung das für die Detachements. Es war natürlich,
daß ein solches Freikorps etwas sehr Anziehendes für die Jugend hatte, das
dichterisch Kühne konnte sich, wie man voraussetzte, hier entschiedener äußern. Es
war die feurige Lyrik des Krieges, wie sie auch später in Körners Gedichten er-
schien und in allen Gegenden Deutschlands die Gemüter erregte. Gewiß, es war
seine herrliche, durch seine sittliche Freiheit den ganzen Krieg veredelnde und
stärkende Gesinnung, die durch die Bildung dieses Korps und seine späteren
Taten laut wurde.
W. u. O. Leinze-Kingyorst, Quellenlesebuch. U. 14