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zogen und haben den Sieg errungen, erinnert euch an die heldenmütigen
Schweizer und Niederländer.
Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden, denn unser Be—
ginnen ist groß und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Ihr
werdet jene lieber bringen für das Vaterland, für euren angeborenen König als
für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, euere Söhne und
euere letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd sind. Ver—
trauen auf Gott, Ausdauer, Mut und der mächtige Beistand unserer Bundes-
genossen werden unseren redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn gewähren.
Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen
die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und
siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein.
Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz,
unsere Unabhängigkeit, unseren Wohlstand. Keinen anderen Ausweg gibt es als
einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet
ihr getrost entgegengehen, weil ehrlos der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein
wir dürfen mit Zuversicht vertrauen, Gott und unser fester Wille werden unserer
gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sicheren glorreichen Frieden
und die Wiederkehr einer glücklichen Zeit.
Breslau, den 17. März 1813. Friedrich Wilhelm.
120.
„Drum soll der Sänger mit dem König gehen.“
Quelle: Zwei Briefe Theodor Körners an seine Eltern aus dem März
1813.
Fundort: K. Streckfuß, Th. Körners sämtliche Werke. Berlin 1847. Bd. 4. S. 303 u. 317.
Wien am 10. März 1813.
Liebster Vater! Ich schreibe Dir diesmal in einer Angelegenheit, die, wie ich
das feste Vertrauen zu Dir habe, Dich weder befremden noch erschrecken wird.
Neulich schon gab ich Dir einen Wink über mein Vorhaben, das jetzt zur Reife
gediehen ist. — Deutschland steht auf; der preußische Adler erweckt in allen treuen
Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die große Hoffnung einer deutschen,
wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande —
laß mich ihr würdiger Jünger sein! — Ja, liebster Vater, ich will Soldat werden,
will das hier gewonnene glückliche und sorgenfreie Leben mit Freuden hinwerfen,
um, sei's auch mit meinem Blute, mir ein Vaterland zu erkämpfen. — Neun's
nicht Übermut, Leichtsinn, Wildheit! — Vor zwei Jahren hätte ich es so nennen
lassen, jetzt, da ich weiß, welche Seligkeit in diesem Leben reifen kann, jetzt, da
alle Sterne meines Glücks in schöner Milde auf mich niederleuchten, jetzt ist es,
bei Gott! ein würdiges Gefühl, das mich treibt, jetzt ist es die mächtige Über-
zeugung, daß kein Opfer zu groß sei für das höchste menschliche Gut, für seines
Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches Herz: Theodor ist zu
größeren Zwecken da, er hätte auf einem anderen Felde Wichtigeres und Be-
deutendes leisten können, er ist der Menschheit noch ein großes Pfund zu be-
rechnen schuldig. Aber, Vater, meine Meinung ist die: Zum Opfertode
für die Freiheit und für die Ehre seiner Nation ist keiner zu gut, wohl
aber sind viele zu schlecht dazu! — Hat mir Gott wirklich etwas mehr als ge-