Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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die Schlacht dauerte bis in die Nacht, und erst um 10 Uhr hatte ich den Kaiser 
Napoleon aus allen seinen Stellungen vertrieben. 60 Kanonen und über 3000 
Gefangene fielen in meine Hände, die Zahl der Toten ist sehr groß; denn die Er- 
bitterung hatte den höchsten Grad erreicht. Du kannst denken, wieviel Dank ich 
von den Monarchen einerntete. Alexander drückte mir die Hand und sagte: 
„Blücher, heute haben Sie die Krone auf alle Ihre Siege gesetzt, die Menschen 
werden Sie segnen.“ Ich war zum Hinsinken ermattet und schlief fünf Stunden, 
ohne aufzuwachen. Heute früh mußte ich meinen Gegner noch einmal angreifen 
und völ ig vertreiben. Jetzt ist er im völligen Rückzug auf Paris; wir folgen ihm 
auf den Fuß. Ob er nun Kaiser von Frankreich bleibt, das steht dahin. Behält er 
die Krone, so muß er sie als ein Geschenk aus der Hand unserer Monarchen an- 
sehen. 
Meine Umgebung empfiehlt sich. Sie sind alle unversehrt geblieben. Du 
magst nun mit Sicherheit auf einen baldigen Frieden hoffen, und ich sehe mit 
Verlangen Deinem Wiedersehen entgegen. Laß alle meine Bekannten und die 
guten Breslauer diese große Begebenheit wissen. Ich zittre so, daß ich nicht mehr 
schreiben kann; aber ich bin wohl und lebenslang Dein treuster, Dich herzlich 
liebender Blücher. 
6. An seine Gemahlin nach der Schlacht bei Laon. 
Laon, den 10. März 1814. 
Liebes Weib! Wenn ich Dir lange nicht geschrieben habe, so war die Ursache, 
daß unsere Kommunikation unterbrochen war und noch nichts Erhebliches vorgefallen 
ist. Schon war ich ganz nahe an Paris, als der Kaiser Napoleon seine ganze 
Kraft gegen mich wandte. Ihh ging einige Märsche zurück, gestern aber griff mich 
der Wüterich morgens um 5 Uhr an. Das Gefecht dauerte den ganzen Tag, ich 
behauptete meine ganze Stellung. Als es dunkel war, hörte alles auf. Nun aber 
ließ ich den Feind angreifen, und in der Zeit von einer halben Stunde war er 
völlig geschlagen. Vierzig Kanonen, einige Tausend Gefangene, sehr viel Armatur 
sind in meine Hände gekommen. Napoleon ist eiligst nach Paris zurückgegangen, 
meine Truppen sind noch im Verfolgen. Franz hat sich sehr ausgezeichnet, auch 
Katzlert). 
7. An seine Gemahlin. » 
Paris, den 22. April 1814. 
Herzliebe Frau! Ih bin, dem Himmel sei Dank, so weit wieder hergestellt, 
daß ich reisen kann, und war im Begriff abzugehen, erhalte aber unvermutet eine 
dringende Einladung von dem Prinzregenten von England, zu ihm nach London 
zu kommen. Ich habe dem Könige den Brief vorgelegt, und er glaubt, ich könnte 
es nicht ablehnen. In acht Tagen gehe ich von hier nach London, wo ich in drei 
Tagen sein kann. Verweilen werde ich da nicht und über Amsterdam, Münster 
und Hannover nach Berlin gehen, wo ich Dich zu finden hoffe. Lestocq schreibt 
mir, Du hättest Dir schon selbst ein Quartier besorgt, sonst würde er gern eins 
verschafft haben... Dein Bruder ist jetzt hier und begleitet mich nach England 
und so auch Nostitz. 
1) Oberst von Katzler, der berühmte Führer der Yorckschen Vorhut.
	        
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